Bauwerksgeburtstag
125 Jahre Eiffelturm in Paris
Fortsetzung von “Vier Männer und der 300 Meter hohe Turm“
Mit der Unterschrift des Konzessionsvertrages am 8. Januar 1887 war es für Gustave Eiffel endlich soweit. Im Vertrag waren alle Konditionen, Bedingungen, Pflichten und Rechte genauestens festgelegt, zu denen er sich beim Turmbau verpflichtete. Erstaunlicherweise war er persönlich als Vertragspartner genannt und nicht seine Firma, sodass er im schlimmsten Fall auch mit seinem persönlichen Vermögen hätte haften müssen. Eiffel verpflichtete sich, den Turm zu errichten und ihn am 1. Januar 1890 ins Eigentum der Stadt Paris zu übergeben. Im Gegenzug erhielt er aber für 20 Jahre alle Nutzungsrechte und konnte so die Eintrittsgelder als Einnahmen verbuchen, musste aber die Konstruktion auch entsprechend unterhalten. Natürlich hatte der Turm rechtzeitig für die geplante Weltausstellung fertig zu sein. Auch die Obergrenze der Eintrittspreise und die Öffnungszeiten wurden vertraglich festgehalten.
Zum Bau und Unterhalt des Turmes gründete er eine Aktiengesellschaft zum Kapital von 5 Millionen Francs, die Société de la Tour, die zusammen mit den städtisch-staatlichen Subventionen von 1,5 Millionen Francs die geplanten Baukosten abdecken sollten. Die Emission der Aktien übernahmen drei Banken, die selbst ein Viertel der Aktien behielten. Ein weiteres Viertel ging in den freien Verkauf, während Eiffel die verbliebene Hälfte der Aktien selbst behielt und damit die Gesellschaft kontrollierte. So reduzierte er zwar sein persönliches finanzielles Risiko um die Hälfte, doch hoch blieb es trotzdem. Außerdem dauerte der Gründungsprozess der Société de la Tour bis zum 31. Dezember 1888 an und erst am 8. März 1889, nur Wochen vor Fertigstellung des Turms, erkannte das zuständige Ministerium die Gesellschaft als Konzessionär an Eiffels statt an. Natürlich beauftrage Eiffel seine eigene Firma mit der Ausführung, wodurch er vom eigentlichen Bau nochmals finanziell profitieren konnte.
Die Arbeiten an den Gründungen wurde am 28. Januar 1889 begonnen. Da der Turm auf vier Füßen steht, die die Ecken eines Quadrates von 124,90 Metern Kantenlänge bilden, galt es also, jedem Fuß ein sicheres Fundament zu geben. Die beiden Baugruben auf der von der Seine abgewandten Seite des Turmes konnten einfach ausgehoben werden. Für jeden der vier Eckträger eines quadratischen Turmfußes wurde eine zwei Meter dicke, zehn Meter lange und sechs Meter breite Fundamentplatte aus Beton gegossen. Da die tragende Tonschicht aber zur Seine hin abfällt, konnte an den beiden näher am Fluss gelegenen Gründungen, die bis zu fünf Meter unter dem Grundwasserspiegel liegen, nur unter Druckluft gearbeitet werden. Senkkästen mit 15 Metern Länge und sechs Metern Breite kamen hier zum Einsatz. Die Betonplatten waren ebenfalls zwei Meter dick, aber entsprechend der Senkkästen meist fünf Meter länger als die flussabgewandten Gründungen. Für die vier Baugruben wurden etwa 31.000 Kubikmeter Erdreich bewegt. Auf den Betongründungen wurden Mauerwerkspfeiler errichtet, in die jeweils zwei Justiereisen eingelassen waren, um die Position des jeweiligen Eckträgers eines Turmfußes nachträglich noch mit Pressen anpassen zu können. 12.000 Kubikmeter Mauerwerk wurden bis zum 31. Juni 1887 verbaut.
Der vollkommen vorgefertigte Turm
Mit der Montage der eigentlichen Turmkonstruktion aus Eisen konnte nun begonnen werden. Eiffel hatte dabei die Vorfertigung aller Bauteile in seinen Werkstätten in Levallois-Perret vorgesehen. Vor Ort wurde kein einziges Eisenteil angepasst. Maurice Koechlins Aufgabe war es zusammen mit 40 Mitarbeitern, die notwendigen Pläne und Vorlagen für den Zuschnitt jedes einzelnen Bauteils zu erstellen. Es sollen dabei nicht weniger als 3629 Zeichnungen produziert worden sein, um insgesamt 18.038 Eisenteile zu fertigen. Die vorgefertigten Elemente wurden zum Champs de Mars geliefert und dort penibelst genau zusammengefügt und vernietet. Die Passgenauigkeit der Nietöffnungen soll bei einem Millimeter gelegen haben. Wenn ein Stück nicht wie vorgesehen passte, wurde es zurück in die Werkstätte geschickt und nicht vor Ort passend gemacht. Als Baustoff wählte Eiffel Puddeleisen statt Stahl, da er von den mechanischen Eigenschaften des Materials überzeugt und es in der Herstellung günstiger war.

Die Eisenkonstruktion am Fuße des Turmes (18.7.1887) (Eiffel, Gustave "La tour de 300 mètres" (1900))
Bis zur ersten Plattform verlaufen die vier Füße bzw. Pfeiler geradlinig und mit konstanter, nach innen gerichteter Neigung aufeinander zu. Jeder Pfeiler besteht aus vier parallelen Hauptträgern in den Ecken eines offenen quadratischen Querschnitts. Die vollwandigen Hauptträger sind an den Auflagerpunkten mit Fachwerkbindern waagerecht verbunden. Auf diesen stehen zusätzliche, in Fachwerke aufgelöste Zwischenträger auf, die parallel zu den Hauptträgern verlaufen. Waagerechte Fachwerkträger bilden mit den Hauptträgern insgesamt drei große Parallelogramme, deren Ecken diagonal ausgefacht sowie nochmals vertikal wie horizontal unterteilt sind. Die Turmpfeiler konnten anfangs frei auskragend in die Höhe gebaut werden, mussten aber bei einer Höhe von 45 Metern zum Erreichen der ersten Plattform (Unterkante 55 Meter über dem Boden) mit Holzgerüsten unterstützt werden. Für den Bau der ersten Plattform waren außerdem noch Hilfsstützen zwischen den Pfeilern notwendig. Zum Einheben der Eisenträger hatte Eiffel vier Krane konstruieren lassen, die ab der Bauhöhe von 15 Metern eingesetzt wurden.
Am 15. März 1888 gelang dann der Einbau des ersten 70 Tonnen schweren Trägers für die Plattform in der ersten Etage. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Pfeiler noch mit den in den Gründungen eingelassenen Pressen justiert werden. Nach Fertigstellung der ersten Etage war dies nicht mehr möglich, aber auch nicht weiter notwendig. Die Eckpfeiler des Turmes sind über der ersten Plattform auch nicht mehr so stark geneigt, sodass hiernach keine Gerüste mehr für die Montage benötigt wurden. Auch vereinfacht sich zumindest auf den nach außen gewandten Seiten das Fachwerk ein wenig, da die Lasten mit der Höhe abnehmen.

Bauphasen des Eiffelturms vom 8.10.1887 bis 14.10.1888 (Einzelbilder: Théophile Féau / L'histoire par image)
Während der gesamten Bauzeit des Turmes waren niemals mehr als 250 Arbeiter auf der Baustelle tätig, und nur 199 davon fest angestellt. Im Werk in Levallois-Perret waren jedoch bis zu 500 Arbeiter beschäftigt. Eiffel ließ bei Wind und Wetter, auch bei eisiger Kälte, arbeiten, sodass der Bau kontinuierlich fortschritt. Im September 1888 streikten die Arbeiter, die sich gegen neunstündige Arbeitstage im Winter und zwölfstündige im Sommer wehren wollten und denen der Lohn bei der gefährlichen Arbeit in 200 Metern Höhe zu gering war. Auch wenn Eiffel die Meinung vertrat, dass ein Fall aus 50 Metern Höhe den gleichen Tod zur Folge hätte wie aus 200 Metern Höhe, und er seine Arbeiter bereits überdurchschnittlich bezahlte, gewährte er eine Lohnerhöhung. Er ließ zudem in der ersten Turmetage eine Kantine einrichten. Bei einem weiteren Streik drei Monate später weigerte er sich jedoch zu verhandeln. Während der gesamten Bauzeit von zwei Jahren, zwei Monaten und fünf Tagen bis zum Erreichen der endgültigen Höhe gab es jedoch keinen Todesfall zu beklagen.

Bauphasen des Eiffelturms vom 14.11.1888 bis 2.4.1889 (Einzelbilder: Théophile Féau / L'histoire par image)
Ende März 1889 waren die Arbeiten an der Turmkonstruktion vollendet. Am 31. März um 13 Uhr 30 stieg Eiffel persönlich mit einem Gefolge von 150 Würdenträgern, Journalisten und Bekannten zu Fuß bis zur Spitze hinauf. Nur etwa ein Drittel der Erstbesucher schafften den Aufstieg nach oben. Die Aufzüge waren aufgrund der komplexen Geometrie des Turms noch nicht betriebsbereit. An der Spitze angekommen hisste Eiffel dort die französische Trikolore. Er selbst hielt eine kurze Rede, wie auch der Industrieminister.
Leider ereignete sich nach der offiziellen Eröffnung schließlich doch ein Unfall, bei dem ein italienischer Arbeiter in den Tod fiel. Jedoch waren alle Angestellten des Turmbaus von Eiffel für diesen Fall versichert worden, wenn auch auf deren eigene Kosten, sodass seiner Frau und drei Kindern nach der Rückkehr der Familie nach Italien die Versicherungssumme ausgezahlt wurde.
Warum der Eiffelturm noch heute steht
Schon während der Entwurfsphase hatten sich Pariser Künstler gegen das vermeintlich hässliche Bauwerk ausgesprochen. Am 14. Februar 1887 erschien zudem ein von fünfzig Künstlern unterschriebener Protestbrief in der Zeitung “Le Temps“. Zu den Unterzeichnern zählten auch der Schriftsteller Guy de Maupassant, der Komponist Charles Gounod und der Architekt Charles Garnier. Sie wollten sich gegen den Bau des Turmes wehren, der wie ein “schwarzer und gigantischer Fabrikschornstein Paris dominieren und mit seiner barbarischen Masse zerquetschen würde”. Eiffel konterte noch in der gleichen Ausgabe. Mit zunehmender Höhe des Turms, aber vor allem nach dessen Fertigstellung verstummten viele Skeptiker, wurden gar zu Befürwortern, obwohl sich mancher Kritiker nie ganz überwinden konnte. Guy de Maupassant soll zwar oft im Restaurant des Eiffelturms zu Mittag gegessen haben, aber nur um den Turm selbst nicht sehen zu müssen; generell schien die Pariser Bevölkerung dem Meisterwerk jedoch eher wohlgesonnen gewesen zu sein. Es war nicht nur das höchste Bauwerk seiner Zeit und überragte vierzig Jahre lang alles, was von Menschenhand gebaut worden war. Der Turm war auch ein Symbol des nach dem Krieg von 1870/71 wiedererstarkten Frankreichs und seiner technischen wie wirtschaftlichen Größe. Sowohl der Turm selbst als auch die Weltausstellung von 1889 waren diesbezüglich ein voller Erfolg. Auch die anderen Bauten, z.B. die Galerie des machines, die Eiffels Firma ebenfalls errichtet hatte, waren technische Meisterleistungen und beeindruckten vom 6. Mai bis 31. Oktober des Jahres über 32 Millionen Besucher. Fast zwei Millionen Besucher wagten es im Jahre 1889, den Turm selbst zu besteigen, sodass die Baukosten, die zum Schluss doch noch knapp 7,8 Millionen Francs betrugen, schon innerhalb des ersten Jahres eingespielt wurden. Der Gewinn betrug 1889 zwar lediglich 20 484 Francs, Eiffel wurde aber durch den Turm zum mehrfachen Millionär.
Die Besucherzahl reduzierte sich natürlich im Jahr nach der Weltausstellung drastisch, aber auch in den Folgejahren sank sie weiter. 1899 waren es sogar weniger als 150.000 Besucher und lediglich die Weltausstellung von 1900 mit erneut über einer Million Besucher lief gegen den Trends, der bis 1902 anhielt. 1894 waren die Aktien der Betreibergesellschaft von ursprünglich 500 auf 35 Francs gefallen. Erst danach stiegen die Besucherzahlen fast jedes Jahr wieder an und liegen derzeit bei etwa 7 Millionen Besuchern jährlich. Somit ist der Eiffelturm nach der Kathedrale Notre-Dame de Paris an zweiter Stelle der meistbesuchten Monumente Frankreichs, ist aber doch das meistbesuchte für welches Eintritt gezahlt werden muss. Der 250-Millionste Besucher bestieg im Jahre 2010 den Turm.
Diese Zahlen hätten Eiffel sicherlich beeindruckt. Zeit seines Lebens blieb der Turm das höchste Bauwerk der Welt. Erst 1930 wurde mit dem Chrysler Building in New York ein Wolkenkratzer gebaut, der ihn übertraf. Die ursprüngliche Konzessionsvereinbarung galt nur bis 1910 und ursprünglich sollte der Turm nach Ablauf der Konzession abgebaut werden. Eiffel hatte aber schon in den Wettbewerben auf die vielen Nutzungsmöglichkeiten des Turms hingewiesen. Wissenschaftliche Forschung lag ihm dabei sehr am Herzen. Er selbst nutzte den Turm für meteorologische und aerodynamische Studien, sein Schwager Albert Hénocque erforschte im Namen der Medizin den Sauerstoffgehalt des Blutes in Abhängigkeit von der Höhe, und für Physik und Astronomie war er ebenfalls von Nutzen. Die rein wissenschaftliche Nutzung reichte aber nicht für den weiteren Erhalt des Turms.
Schon zur Weltausstellung von 1900 gab es die waghalsigsten Ideen, den Turm umzubauen oder gar abzureißen, die Eiffel aber als Konzessionär nicht zuließ. Es wurde lediglich die Beleuchtung verändert. Die Entwicklung des Rundfunks sowie der drahtlosen Telegraphie, für die Eiffel sich ebenfalls interessierte, waren dann aber ausschlaggebend für die Erhaltung der Konstruktion. Bereits 1903 unterstützte Eiffel ein Projekt von Gustave Ferrié, der für seine Ideen zur Telegrafie beim Militär keine Unterstützung fand. Eine Antenne wurde auf der Turmspitze installiert und die Versuche liefen erfolgreich, sodass ab 1907 auch das Militär den Eiffelturm zu nutzen begann. Aufgrund der strategischen Bedeutung des Eiffelturms wurde die Konzession schließlich um 70 Jahre verlängert, der Erhalt des Turms damit dauerhaft gesichert. Mit der Entwicklung des Rundfunks − 1921 wurde die erste Radiosendung, 1935 die erste Fernsehübertragung vom Turm aus gesendet − wuchs auch der Eiffelturm. 1957 brachte ihn eine Fernsehantenne auf 318.70 m Höhe und das Digitalfernsehen bescherte ihm 2000 fast sechs weitere Meter, sodass er heute 324 Meter misst. Von 120 Antennen werden heute 6 analoge und 30 digitale Fernsehkanäle sowie 31 Radiosender übertragen.
Am 1. Januar 1980 endete die insgesamt 90-jährige Konzession. Die Stadt Paris übernahm damit auch die Nutzungsrechte am Eiffelturm. Heute würde sich wohl niemand mehr Paris ohne dieses Wahrzeichen vorstellen können. Die Stadt lässt auch keine anderen Bauten derartiger Höhe mehr zu, sodass Eiffels Turm auf absehbare Zeit konkurrenzlos bleiben wird. Derzeit wird die erste Plattform renoviert, der Turm bleibt trotzdem uneingeschränkt geöffnet. Nicht nur für Bauingenieure ist der Aufstieg auf den Turm quasi ein Muss. Hierfür ein kleiner Rat: Wer nicht vorher online reserviert, riskiert mehrstündige Wartezeiten für die Aufzüge. Die Schlange für den Aufstieg zu Fuß ist jedoch weitaus kürzer, man kommt aber nur bis zur zweiten Etage. Dort kann man aber wieder anstehen, um den Lift bis nach ganz oben zu nehmen. Die Aufzugfahrt bis in die dritte Etage kostet 15 Euro.
Bildergalerie
Weitere Bilder vom Eiffelturm sind bei Structurae zu sehen.
Quellen und weiterführende Literatur
- Walbrach, K.F.
Ohne ihn gäbe es keinen Eiffelturm: Maurice Koechlin (1856-1946)
in “Bautechnik”, Jg. 83, Heft 4, April 2006 - Billington, David P.
Der Turm und die Brücke – Die neue Kunst des Ingenieurbaus
Ernst & Sohn, Berlin, 2013, ISBN: 978-3-433-03077-6 - Schneider, E.
Die Bauten der Weltausstellung 1889 in Paris
in “Stahlbau”, Jg. 58, Heft 12, Dezember 1989 - Carmona, Michel
Gustave Eiffel
Editions Fayard, Paris, 2002, ISBN: 978-2-213-61204-1 - Schultz, Uwe
Der Eiffelturm
primus Verlag, Darmstadt, 2013, ISBN: 978-3-86312-061-0