Bauwerksgeburtstag
5 Jahre Kaisersteg in Berlin
Am 25. September 2007 wurde der Kaisersteg in Berlin für Fußgänger und Radfahrer freigegeben. Auch wenn 5 Jahre für ein Bauwerk kein Alter sein mögen und der aktuelle Kaisersteg auch nicht zu den größten, weitesten oder höchsten Bauwerken zählt, die Berlin zu bieten hat, so ist die Geschichte des Kaiserstegs doch eine interessante. Denn diese geht noch viel weiter zurück als die 5 Jahre, die das jetzige Bauwerk auf dem Buckel hat. Vor etwa einhundertfünfzehn Jahren war der Bau des ersten Kaisersteges bereits in vollem Gange. Im Herbst 1897 waren die Unterbauten so gut wie fertig gestellt. Die Brücke war notwendig geworden, um das neue Kabelwerk und Kraftwerk Oberspree der AEG an Niederschöneweide anzubinden, und damit den Arbeitern einen 1,5 km langen Umweg zum S-Bahnhof Schöneweide zu ersparen. Finanziert wurde der Steg von AEG und Terraingesellschaft selbst. Diese entschieden sich dafür, den Geheimen Regierungsbaurat Heinrich Müller-Breslau für den Entwurf zu beauftragen. Die detaillierten Berechnungen und die Bauleitung übernahm Karl Bernhard. Die Unterbauten wurden von Philipp Holzmann (Frankfurt) ausgeführt, der Überbau durch August Klönne (Dortmund). Der am 1. Oktober 1898 eröffnete erste Kaisersteg war eine einzigartige und ungewöhnliche Meisterleistung, denn Müller-Breslau konzipierte den Steg als bogenförmiges Fachwerk einerseits, aber gleichzeitig auch als Hängebrücke, sodass beide Formen sich in den Viertelspunkten überschneiden. Der Steg wirkte dadurch gleichzeitig leicht und stabil und übertraf auch alle von der Schifffahrt gestellten Anforderungen, da die Spannweite größer war als gefordert. Die Strompfeiler benötigten auch nur 2% der Strombreite während andere Spreebrücken bis zu 30 % des Flußbreite mit ihren Pfeilern versperren. Der erste Kaisersteg wäre sicherlich heute ein wunderschönes Baudenkmal (mit 114. Bauwerksgeburtstag im Oktober), wenn er nicht wie die nahe gelegene Treskowbrücke am 22. April 1945 gesprengt worden wäre. Während die Treskowbrücke sofort wiederaufgebaut wurde, verschwanden mit der Zeit auch die letzten Überreste des Kaisersteges.
Erst Jahre nach der Wiedervereinigung wurde die inzwischen zur Industriebrache verkommene Gegend zum Sanierungsgebiet und schließlich ein Wettbewerb für den Wiederaufbau des Kaisersteges ausgelobt. Den gewann das Ingenieurbüro Schmitt Stumpf Frühauf (heute SSF Ingenieure) mit einer Schrägseilbrücke. Der Entwurf wurde zwar aus Gründen der Dynamik nicht genau so ausgeführt – der ursprünglich geplante H-Pylon wurde zu einem steiferen A-Pylon – aber es entstand schließlich wieder eine moderne, elegante Brücke für Fußgänger und Radfahrer, die mit 86 Metern Spannweite und etwa 140 Metern Länge sicherlich keinen Rekord hält, aber trotzdem den Anwohnern und den Studenten der inzwischen dort ansässigen Hochschule für Technik und Wirtschaft das Leben erleichtert – genauso wie ihre Vorgängerin.