Nachrichten, Vermischtes
80 Jahre innovativer Ingenieurbau aus Stuttgart
Der Stabwechsel im Vorsitz der Geschäftsleitung der Leonhardt Andrä und Partner LAP AG bietet den Anlass, einen Blick auf die Entwicklung dieses Büros für Planungen im konstruktiven Ingenieurbau zu werfen. Die Wahl der Zeitschrift Stahlbau mag zunächst überraschen, war Fritz Leonhardt doch Professor für Massivbau ,„Spannbeton für die Praxis“ sein wichtigstes Buch. Die Baustoffe Stahl und Beton hatten jedoch bei Leonhardt und bei LAP stets den gleichen Stellenwert.
Für sein erstes großes Projekt, die 378 m weit gespannte Hängebrücke über den Rhein bei Rodenkirchen, rekrutierte der 29-jährige Fritz Leonhardt 1938 mit Wolfhart Andrä, Willi Baur und Helmut Mangold eine junge Mannschaft aus Stuttgart. Sie sollte auch nach dem Krieg den Kern von LAP bilden.
Bereits acht Monate nach Kriegsende überzeugte Fritz Leonhardt Kölns OB Konrad Adenauer von seinem Entwurf für den Wiederaufbau der Rheinbrücke Köln-Deutz: Neu war der erste Kastenträgerquerschnitt auf ganzer Brückenbreite, mit seitlichen Kragarmen als wichtigem Gestaltungselement. Weltweit diente dieser Querschnitt als Vorbild für sehr viele Großbrücken. Durch ihre ungewöhnliche Schlankheit und Eleganz besticht diese Deckbrücke aus Stahl.
In der schweren Nachkriegszeit führte Leonhardt viele seiner Ideen mit Wolfhart Andrä und Willi Baur zu wirtschaftlichem Erfolg und trug damit zum Wiederaufbau des vom Krieg verwüsteten Landes bei. Zu den Neuerungen zählen die Ziegelsplitt-Schüttbauweise, mehrere Vorspannsysteme, das Taktschiebeverfahren, Teflon-Gleitlager, Gummitopflager, Betongelenke, Paralleldrahtbündel und Fernsehtürme aus Beton.
Zu Partnern wurden 1953 Wolfhart Andrä, 1962 Willi Baur und Kuno Boll, 1970 Jörg Schlaich und Wilhelm Zellner berufen. Von 1958 bis 1974 war Leonhardt Ordinarius für Massivbau an der Universität Stuttgart, davonzwei Jahre auch als Rektor. In diesen 16 Jahren leitete Wolfhart Andrä das Büro.
Das bedeutendste Projekt von LAP war die von Jörg Schlaich geleitete Detailplanung der von Günther Behnisch und Frei Otto entworfenen drei Seilnetz-Dächer für die Olympiade 1972 in München. Sie galten konstruktiv als Sensation und waren in ihrer Leichtigkeit und Eleganz Botschaft der Abkehr von allem Martialischen.
Die bisherige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)wurde im Jahr 1970 wegen des hohen Risikos der Olympiabauten von der LAP GmbH abgelöst. Auf Wolfgang Eilzers Betreiben wurde die GmbH im Jahr 2013 in die LAP AG übergeführt.
Jörg Schlaich folgte Fritz Leonhardt von 1974 bis 2001am Lehrstuhl für Massivbau nach, der noch unter Schlaich in „Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruktion“(ILEK) umbenannt und von 2001 bis 2020 von Werner Sobek geleitet und ausgebaut wurde.
Zum 1. Januar 1980 schied Schlaich aus der LAP GmbH aus. Schade, dass zwei so herausragende Persönlichkeiten wie Leonhardt und Schlaich nicht in Harmonie verbunden bleiben konnten. Beide überragende Ingenieure, gleichermaßen begabt mit ästhetisch hohem Empfinden, unterschieden sie sich jedoch sehr in der Gestaltung ihrer Bauwerke.
Im April 1978 verstarb Willi Baur mit 65 Jahren. Er hatte das Taktschiebeverfahren im Spannbeton-Brückenbau zu großem Erfolg geführt. Danach wurden ab 1982 elf geschäftsführende Gesellschafter in die GmbH und ab 2013fünf Vorstände in die AG aufgenommen. Sie können hier nicht alle genannt werden und sind größtenteils bereits ausgeschieden.
Vorsitzende der Geschäftsleitung waren Fritz Leonhardt bis 1987, Wilhelm Zellner bis 1996, Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä bis 2012, Wolfgang Eilzer bis 2020, gefolgt von Rolf Jung.
Wesentlich für den Erfolg von LAP waren der Mut zu Neuerungen, die gute Gestaltung der Ingenieurbauwerke und die richtige Auswahl des Teams von motivierten Könnern für die Umsetzung dieser Ideen. Möge dieses Vermächtnis von Fritz Leonhardt und Wolfhart Andrä den deutschen Ingenieurbau auch weiterhin beflügeln.
Dipl.-Ing. Wilhelm Zellner
bei LAP von 1962 bis 2000