Wettbewerbe
Elefantenhaus Zürich erhält Ingenieurbaupreis 2015
Den Ingenieuren des Kaeng Krachan Elefantenpark in Zürich wurde am 30. Januar in München die Siegerplakette des Ingenieurbaupreises übergeben. Daneben erhielten vier Projekte eine Auszeichnung. Für Gesprächsstoff beim anschließenden Empfang sorgte außerdem die Festrede von Hans-Peter Andrä.
Der Kaeng Krachan Nationalpark ist der größte Nationalpark Thailands und einer der letzten Rückzugsorte des Asiatischen Elefanten. Nicht ohne Grund wurde die neue Behausung der Elefanten im Züricher Zoo nach ihm benannt. Aber nicht nur mit dem Namen sollte das Elefantenhaus auf den natürlichen Lebensraum der Tiere Bezug nehmen. Vielmehr war es Aufgabe der Planer, das künstliche Habitat so zu gestalten, dass es der natürlichen Umgebung der Elefanten mit seinem charakteristischen Spiel aus Licht und Schatten möglichst nahe kommt.
Dies sei in besonderer Weise gelungen, urteilte die Jury des Ulrich-Finsterwalder-Ingenieurbaupreises in ihrer Sitzung Ende November und erklärte das Ingenieurbüro Walt + Galmarini AG aus Zürich einstimmig zum Sieger des vom Verlag Ernst & Sohn ausgelobten Wettbewerbs. Die ingenieurtechnische Finesse der 85 m überspannenden Schalenkonstruktion hatte die Jury überzeugt. Am 30. Januar wurde nun der Preis während einer Festveranstaltung im Deutschen Museum in München feierlich übergeben.
Im Namen Finsterwalders
Franka Stürmer, Geschäftsführerin des Verlages Ernst & Sohn, und Dr. Jon Walmsley, Managing Director von Wiley-VCH, begrüßten die etwa 150 Gäste und bedankten sich bei allen Förderern und Sponsoren des Events, insbesondere bei der Familie Finsterwalder. Der Sohn Ulrich Finsterwalders, Dr. Klemens Finsterwalder, zeigte sich in seinem Grußwort erfreut darüber, dass durch die Zusammenarbeit mit Ernst & Sohn das Vermächtnis seines Vaters weitergetragen wird. Prof. Cengiz Dicleli, der sich seit Jahren mit dem Werk Finsterwalders wissenschaftlich befasst, betonte dann in seinem Vortrag, dass der Name Finsterwalders nicht nur für den Betonbau stehe, sondern für Innovationsfreude und Risikobereitschaft im gesamten Ingenieurbau. Dr. Heinrich Schroeter, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen. So überbrachte Prof. Norbert Gebbeken in seiner Funktion als stellvertretender Präsident der Kammer dessen Grüße.
In seiner Funktion als Juryvorsitzender wiederum berichtete Prof. Gebbeken alsdann kurz über die Jurysitzung und betonte noch einmal die hohe Qualität aller 46 Einreichungen. Gleichwohl hätte das Elefantenhaus wegen seiner zahlreichen außergwöhnlichen Herausforderungen und Lösungen sehr schnell als Sieger festgestanden. Es seien jedoch so viele preiswürdige Projekte im Wettbewerb gewesen, dass die Jury sich veranlasst sah, vier von diesen mit einer Auszeichnung zu ehren. Damit sollte auch die Vielfalt der Einreichungen gewürdigt werden.
Herr Wolfram Kübler vom Büro Walt + Galmarini AG nahm gemeinsam mit seinem Team die Preisplakette entgegen und stellte anschließend das Projekt sehr eindrucksvoll vor. Er erläuterte den Weg der Form- und Materialfindung, der letztendlich zur Ausbildung des Daches als aufgelöste Schalenkonstruktion in Brettsperrholz-Bauweise geführt hatte. Außerdem ging er auf die Besonderheiten bei der Bemessung des Bauwerkes ein, für die auch Windkanaltests notwendig gewesen waren.
Nach einer Kaffeepause wurden die vier Auszeichnungen zum Ingenieurbaupreis übergeben und die Projekte wurden von den jeweiligen Beteiligten kurz vorgestellt. Auszeichnungen erhielten:
- Wolfgang Schiel, schlaich bergermann und partner, für das Ultimate Trough Test Loop (Parabolrinnenkollektoren zur solaren Stromerzeugung) Kalifornien (USA);
- Dr.-Ing. Marc Raithel, Kempfert + Partner Geotechnik, für die Baugruben zur Erweiterung des Rheinkraftwerks Iffezheim;
- Thomas Fackler, schlaich bergermann und partner, für die Eisenbahnüberführung Grubentalbrücke bei Erfurt sowie
- Uwe Heiland, Thomas Stihl und Martin Seidel, Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH, für die Sanierung und Instandsetzung der Saarbrücke Mettlach.
Alles, was zählt
In seiner Festrede mit dem Titel „Nicht alles, was zählt, ist zählbar und nicht alles, was zählbar ist, zählt“ warf Herr Dr. Hans-Peter Andrä (Leonhardt, Andrä und Partner) einen kritischen Blick auf die aktuelle Baupraxis. Er bemängelte unter anderem die häufige Vergabe an den vermeintlich Billigsten, die Fragmentierung von Bauleistungen sowie die Dominanz der Juristen. Des Weiteren wandte sich Andrä gegen eine Kultur des Claim Managements, in der es in erster Linie um Nachträge und Behinderungsanzeigen ginge und nicht um ein möglichst qualitätvolles Bauwerk. Ausschreibungsunterlagen seien heute eine „Aufforderung zum gegenseitigen Betrug“. Folglich rief Andrä zu mehr Kooperation und Vertrauen im Bauwesen auf.
Beim anschließenden Empfang zeigte sich in vielen angeregten Gesprächen, dass der Festvortrag noch stark nachwirkte. Ebenso waren die prämierten Projekte im Laufe des Abends noch Gegenstand zahlreicher Unterhaltungen.
In Kürze erscheint bei Ernst & Sohn eine Dokumentation zum Ulrich-Finsterwalder-Ingenieurbaupreis mit allen eingereichten Projekten. Der nächste Ingenieurbaupreis wird im Jahr 2017 vergeben.
Der Ingenieurbaupreis von Ernst & Sohn
Der Verlag Ernst & Sohn verleiht den Ingenieurbaupreis seit 1988 alle zwei Jahre für herausragende Leistungen im Konstruktiven Ingenieurbau. In diesem Jahr trägt der Preis erstmals den Namen des Betonbaupioniers Ulrich Finsterwalder.
Weitere Informationen:
Digitaler Rundgang durch das Elefantenhaus