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Jörg Schlaich über den Einsturz der Berliner Kongresshalle von 1980
Im Sommer sprach Jörg Schlaich am Deutschen Technikmuseum zum Thema “Die Berliner Kongresshalle. Konzept, Realisierung, Einsturz”. Die Veranstaltung war Teil der Reihe „Praktiken und Potenziale von Bautechnikgeschichte“, die gemeinsam mit den VDI-Arbeitskreisen „Technikgeschichte“ und „Bautechnik“ sowie dem Lehrstuhl für Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung der BTU Cottbus organisiert wird. momentum präsentiert einen Zusammenschnitt des Vortrages.
Die Berliner Kongresshalle wurde 1956/57 anlässlich der Bauausstellung “Interbau” errichtet und 1958 als Geschenk der Vereinigten Staaten an Berlin übergeben. 22 Jahre später, im Mai 1980, stürzte ein Teil des Außendaches während einer Veranstaltung ein, wordurch ein Mensch ums Leben kam. Das Dach des Auditoriums, in dem sich Kongressteilnehmer befanden, war glücklicherweise nicht betroffen.
Jörg Schlaich beschreibt in seinem Vortrag, wie es zu dem letzendlich realisierten Entwurf kam und wo die Schwachstellen liegen, die zum Einsturz des Daches führten. Dabei kommt zum einen zur Sprache, dass die Forderungen der Architekten “irrsinnig” waren und in einen “verkrampften Entwurf mit kompliziertem Kraftfluss” mündeten. Zum anderen geht Jörg Schlaich auf die konkreten technischen Mängel an bestimmten Details der Konstruktion ein. Während des Vortrags lässt Schlaich immer wieder persönliche Anekdoten z. B. zu seiner ersten Begegnung mit Frei Otto einfließen.
Die Kongresshalle wurde 1987 wieder aufgebaut und beherbergt seitdem das “Haus der Kulturen der Welt”. Bekannt ist das Gebäude auch unter seinem angeblich von den Berlinern benutzten Spitznamen “Schwangere Auster”.
Über den Wiederaufbau der Halle berichtete Helmut Bomhard in seinem Vortrag.
momentum-Buchtipp:
In seinem Vortrag über die Kongresshalle hat Jörg Schlaich betont, wie wichtig ein klarer, einfacher Kraftfluss ist. Dass dies für Ingenieurbaukunst im Allgemeinen gilt, unterstreicht Schlaich in seinem Geleitwort zum im Dezember erscheinenden Buch “Der Turm und die Brücke” – der Übersetzung des US-Klassikers “The Tower and the Bridge” von David P. Billington. Jörg Schlaich schreibt:
“Ich bin mit David Billington seit Jahrzehnten befreundet. Nach dem Erscheinen von „The Tower and the Bridge“ schrieb ich ihm einen 7-seitigen Kommentar, der manche positiv-kritische Diskussion auslöste. Dieses Buch ist „Pflichtlektüre“ und Hochgenuss für den „Ingenieurbaukünstler“, bei dessen Bauten der Zusammenhang von Form und Kraftfluss ablesbar ist und die sich durch die Ideale Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Eleganz auszeichnen.”
Leserkommentare
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Cengiz Dicleli | 25. November 2013
Ich finde es hervorragend, dass Sie den Vortrag von Jörg Schlaich auf diesem Wege der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Der Vortrag über den Einsturz der Berliner Kongresshalle war allerdings auf expliziten Wunsch von Jörg Schlaich zweiteilig. Nachdem er selbst über seine Analyse der Absturzursachen berichtet hatte, hatte Helmut Bomhard (ehemals Firma Dyckerhoff & Widmann) den Wiederaufbau der Halle eingehend geschildet. Ich kann nicht nachvollziehen, warum sein Beitrag von Ihnen weder veröffentlicht noch erwähnt wird.
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Torsten Reiffarth | 26. November 2014
Ein hoch-interessatner Vortrag. Feht nur noch eines:
Ein Buch (oder wenigstens eine Broschüre), in der der Einsturz und seine Ursachen so beschrieben sind, daß auch der Nicht-Fachmann in Sachen Bau/Baustatik sie versteht.
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Bothé | 18. Dezember 2015
Der Spitzname “Schwangere Auster” ist Realität und wird nicht nur angeblich benutzt. Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen.