BIM - Building Information Modeling, Interviews
OPEN BIM ist mehr als ein Schlagwort
Sieben Fragen an Markus Tretheway, Vice President Product Management der Allplan GmbH
momentum: Alle reden von BIM, doch eigentlich geht es ja um die Digitalisierung des Bauens. Beschreiben die drei Buchstaben noch, worum es am Bau heute geht?
Tretheway: Klar ist, an BIM geht kein Weg vorbei. Vollständig digitales Planen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Digitalisierung des Bauens. Und auch die Baubranche kann sich der Digitalisierung nicht entziehen. Für alle in der Branche schlummern hier riesige Chancen. Zum Beispiel wird sich die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Disziplinen enorm verbessern. Stellen Sie sich vor, dass Sie nicht mehr aufwendig und fehleranfällig Daten austauschen müssen. Jeder Experte sollte zu jeder Zeit die für ihn wichtigen Daten stets aktuell zur Verfügung haben. So kann er seine Arbeit bestmöglich erledigen. Genau dafür hat Allplan schon heute eine Lösung. Entscheidend wird es sein, dass möglichst alle die Chancen, die das Arbeiten nach der BIM-Methode bietet, erkennen und nutzen. Dann wird die gesamte Branche profitieren und wir werden die hohen Erwartungen der Bauherren, Finanziers und Nutzer der Bauwerke besser als bisher erfüllen können.
BIM und das Stichwort „verbindendes Denken“ – können Sie das unseren Lesern mit Bezug auf die in diesen Tagen erschienene 2017er Versionen näher erläutern?
Mit unserer offenen BIM-Plattform bim+, der BIM-Software Allplan 2017 und der Facility-Management-Software Allplan Allfa führen wir alle an einem Bauwerk Beteiligten zusammen und vernetzen sie disziplinübergreifend – Architekten, Bauingenieure und Facility Manager. Für unsere Kunden ist es wichtig, dass sie mit ihren Planungspartnern reibungslos zusammenarbeiten können. Das wollen sie mit den ihnen bekannten und vertrauten Werkzeugen tun. Deshalb tut Allplan viel dafür, praxistaugliche Lösungen auf Basis offener Standards zur Verfügung zu stellen. Open BIM ist für uns mehr als ein Schlagwort. Mit Allplan 2017 in Kombination mit bim+ erreichen wir einen neuen Level in der modellbasierten Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten und verbinden die einzelnen Experten wirklich miteinander.
Noch keine Version von Allplan hatte so viele neue Features wie Allplan 2017. Was bedeutet das konkret für den User?
In der neuen Version wurden über 999 Detailverbesserungen sowie rund 99 Kundenwünsche umgesetzt. Damit wird die Version zur stabilsten, alltagstauglichsten Lösung für Teams. Lassen Sie mich einige Punkte herausgreifen:
- Allplan 2017 macht die Zusammenarbeit an Bauwerksmodellen disziplinübergreifend möglich.
- Wir schaffen die Grenzen beim Modellieren und Modifizieren von Körpern, Freiformen und Bauteilen ab. Auch bei der Bewehrung von Gebäuden und Infrastrukturbauten gibt es keine Einschränkungen mehr und sie funktioniert jetzt deutlich schneller.
- Nicht zuletzt können unsere Kunden ab sofort massiv Zeit sparen, weil wir die Python-Schnittstelle API so praxisgerecht integriert haben, dass Hersteller von Content nun sehr einfach und schnell scripten können.
In anderen Ländern Europas wird Allplan immer schon mit Ingenieurbau assoziiert. Wie wollen Sie dies auch in Deutschland bewerkstelligen?
Allplan bietet in Deutschland ein ganzheitliches Lösungsportfolio für Architekten, Bauingenieure, Bauunternehmer und Facility Manager. An nahezu allen deutschen Universitäten und Hochschulen werden Allplan Architecture und Allplan Engineering gelehrt. Ein Großteil der deutschen Bauingenieure arbeitet bereits heute mit unserer BIM-Software. Um diese künftig noch besser zu unterstützen, haben wir unser Consultingteam für den Bereich Ingenieurbau ausgebaut, um vor allem den Infrastrukturmarkt noch besser bedienen zu können. Gerade für die Bauingenieure bietet Allplan 2017 eine ganze Reihe entscheidender Neuerungen: Das Modellieren und Bewehren von Brücken, Tunneln und Stützmauern ist beispielsweise um ein Vielfaches schneller und einfacher geworden. Das spart jedem einzelnen Ingenieur viel Zeit und damit Geld.
Wie sicher sind Cloud-Lösungen im Hinblick auf die drei Begriffe Datensicherheit, Datenschutz und Datensouveränität?
Keine Frage, Datensicherheit und Datenschutz spielen beim Thema Cloud Computing eine maßgebliche Rolle. Unternehmen setzen zu Recht den Schutz ihrer Daten an die erste Stelle. Datensouveränität heißt für mich, dass jeder selbst entscheidet, welche Daten er in die Cloud legt. Wichtig zu wissen: Für deutsche Cloud-Provider mit Rechenzentren in Deutschland gilt grundsätzlich der sehr umfangreiche deutsche Datenschutzstandard. Wir bei Allplan betreiben unsere Cloud-Infrastruktur für unsere BIM-Lösung Allplan und unsere offene Plattform bim+ ausschließlich in Deutschland. Alle Daten werden über eine verschlüsselte SSL-Verbindung übertragen, die den hohen Standards von Banken gerecht wird. Unsere Kunden können also sicher sein, dass ihre Bits und Bytes bei uns gut aufgehoben sind.
Wie begegnen Sie als Software-Anbieter dem hartnäckigen Vorurteil, BIM sei ein Software-Thema?
BIM ist für uns ein ganzheitliches Thema. Nur wenn Software, Prozesse und Menschen zielorientiert zusammen arbeiten, entstehen die gewünschten Mehrwerte. Deshalb stellen wir uns als Lösungsanbieter auf mit entsprechenden Services, Schulungen und Consulting. Wir verstehen uns als Partner unserer Kunden und begleiten sie zu einer umfassenden BIM-Arbeitsweise.
Welche Bedeutung messen Sie dem Thema Normung bei?
Es braucht natürlich Normen, um die Grundlagen zu regeln. Zu viel Normierung kann jedoch auch Innovationen behindern. Als Pionier im Bereich Building Information Modeling stehen wir für einen offenen Ansatz als Basis für eine disziplinübergreifende Zusammenarbeit. Unser Ziel ist es, die Dimensionen Qualität, Zeit und Kosten im Planungsprozess optimal in den Griff zu bekommen. Ich bin überzeugt, dass wir in Deutschland auf einem guten Weg sind.
Herr Tretheway, haben Sie vielen Dank für das Interview.
Lesetipp:
BIM – Building Information Modeling 2016
Ernst & Sohn (Hrsg.)
BIM ist in aller Munde. Dass die Methode, wie immer sie dereinst heißen wird, hierzulande Fahrt aufgenommen hat, wird ein jeder Besucher der letzten BAU in München bestätigen können. Ernst & Sohn widmet dem Thema in diesem Jahr das vierte Sonderheft, die Hefte aus 2013 und 2014 sind längst vergriffene Sammlerexemplare.
Der Aufbau des Heftes spiegelt alle wesentlichen, aktuellen, aber auch grundsätzlichen Aspekte des Themas BIM. Von den ersten BIM-Referenzobjekten hierzulande über die Situation im weltweiten Ausland, die Frage der veränderten Ausbildung von Ingenieuren und Architekten, aktuelle Diskurse um BIM und Virtuelles Engineering bis zu den zunehmend wichtigeren Themen BIM und die Hersteller (das zeigte auch die BAU überdeutlich) sowie BIM und das Bau-, besonders auch Vergaberecht.
Welche Bedeutung die Öffentlichkeit dem Thema inzwischen beimisst, zeigt neben der Gründung der GmbH „planen-bauen 4.0“ auch die Tatsache, dass das Thema allmählich die Publikumspresse erreicht. Der BVBS (Bundesverband Bausoftware) geht in seinen Schätzungen sicherlich nicht zu weit, wenn er BIM binnen zehn Jahren bei 50 Prozent des gesamten Bauvolumens im Einsatz sieht. Auch die Zahlen bezüglich des Einsparpotenzials bei Arbeitszeit, Geld und Ressourcen können sich mit derzeit noch konservativ geschätzten 20 Prozent sehen lassen.
Die Lesezeit jedenfalls, die Sie dem Thema BIM widmen, wird eine erfüllte, Sie womöglich mit ganz neuen, ungeahnten Perspektiven und Möglichkeiten erfüllende Zeit sein.