Mein Ausland
Wie war’s eigentlich in Mosambik?
Fünf Fragen an Christoff Burhenne, MSc, Administrativer Projektleiter der GAUFF GmbH & Co. Engineering KG beim Bau der Maputo Bridge über seine Tätigkeit in Mosambik.
Was reizt Sie besonders am Leben und an der Arbeit in Mosambik?
Im Jahre 2014 wurde die Firma GAUFF mit der Bauüberwachung und der Qualitätskontrolle der größten Hängebrücke Afrikas beauftragt. Der Bauherr ist die mosambikanische Regierung und Bauunternehmer ein chinesisches Staatsunternehmen. Ich denke, die Vorstellung, einmal in einem solchen Projekt zu arbeiten, ist für viele der Grund sich für das Berufsfeld Bauingenieurwesen zu entscheiden. Ich empfinde es daher als Privileg, Teil des Projektteams zu sein und vermute, dass ich mich in Zukunft noch oft an dieses Projekt zurückerinnern werde.
Für mich liegt ein besonderer Reiz darin, dass neben Fachwissen auch enormes Engagement, interkulturelle Kompetenz und Verständnis für die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge gefragt ist. Über die eigentliche Qualitätsüberwachung der Baustelle hinaus sind auch übergreifende Themen beachtenswert, wie z. B. unterschiedliche Normungen, Schulung und Ausbildung des lokalen Personals sowie die Vorbildfunktion deutscher Consultants im Ausland.
Wenn es die Arbeit zulässt, kann man am Wochenende an einen der kilometerlangen weißen Sandstrände fahren die nördlich und südlich von Maputo liegen. Dort gibt es eine Reihe von Lodges an denen man baden, tauchen, segeln oder sich einfach erholen kann.
Natürlich gibt es auch Negatives zu berichten. Im Vergleich zur Tätigkeit in Deutschland, würde ich behaupten, dass das Stessniveau etwas höher liegt. Kommunikationshürden mit den Chinesen, unstrukturierte Arbeitsmethoden, langfristige bürokratische Prozesse und Polizeiwillkür haben schon einige meiner ehemaligen Kollegen zur Heimkehr bewegt.
Es ist manchmal ein kleines Kunststück sich an die lokalen Unwägbarkeiten anzupassen und nicht aufzugeben.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem Mosambikanischen Bauherrn und der Chinesischen Baufirma?

Die Maputo-Katembe-Hängebrücke mit ihren Anschlussbrücken auf der Katembeseite (links/Süd) und auf der Maputoseite (rechts/Nord) (GAUFF)
Bei der Zusammenarbeit zwischen einem Mosambikanischen Bauherrn, einer Chinesischen Baufirma und einem Deutschen Ingenieurbüro treffen drei grundlegend unterschiedliche Mentalitäten aufeinander. Während das ingenieurmäßige Verständnis bei allen Beteiligten vorhanden ist, scheitert es oft an der Kommunikation, um das technische Wissen in der Praxis umzusetzen. Als deutscher Consultant sind wir es gewohnt, Probleme direkt in Form von konstruktiver Kritik anzusprechen. Das Kürzel „konstruktiv“ legitimiert unsere offene Form der Kritik und gibt uns zusätzlich das Recht den Zeigefinger zu heben. Sowohl bei den Mosambikanern, als auch bei den Chinesen führt dies zum Gesichtsverlust bzw. dazu dass die angesprochene Person alle Verantwortung von sich weist.
Weiterhin sind bei den Chinesen und den Mosambikanern die Geschäftsbeziehungen wesentlich enger mit der privaten Beziehung verknüpft als bei den Deutschen. Kritik oder Meinungsverschiedenheiten werden oft persönlich genommen, da selbst auf der Baustelle der harmonische Umgang miteinander einen sehr hohen Stellenwert besitzt.
Besonders bei den Chinesen ist zu beobachten, dass man nie auf ein klares Nein oder Ablehnung stößt. Brisante Themen werden indirekt angesprochen und deren Interpretation erfordern ein gewisses Maß an Übung und interkultureller Sensibilität.
Welche Hindernisse mussten Sie beim Aufbau des Büros in Mosambik überwinden?

Vorgespannte 45m T-Traeger der Anschlussbrücke Süd: Einbau der Bewehrung und der Spanngliedhüllrohre. (GAUFF)
Eine der Hürden, der ich mich in Mosambik gegenüber sah, war die mosambikanische Verwaltung. Hier trifft die undurchdringliche portugiesische Bürokratie auf afrikanische Gelassenheit, was oft in meiner Ungelassenheit endete. Ein altes afrikanischen Sprichwort besagt: „Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit.“
Eine weitere Hürde sind die stark schwankenden Mietpreise, was dazu führen kann, dass sich die Mietpreise für Wohnraum oder Büroraume innerhalb eines Jahres verdoppeln.
Als wir in Mosambik mobilisiert haben konnte eine Zweizimmerwohnung nach europäischem Standard ohne Weiteres 3000 Dollar kosten. Firmen, die ihren Geschäftsbereich auf Mosambik ausweiten möchten, sollten sich daher detailliert mit der Mietpreisentwicklung auseinandersetzen.
Auch die Personalakquise kann für einige Überraschungen sorgen. Das Qualitätsspektrum von lokalen Bauingenieuren ist enorm und reicht vom Absolventen europäischer Eliteuniversitäten bis zu Akademikern, die noch nie mit Excel gearbeitet haben.
Welche Unterschiede gibt es hinsichtlich Planung und Ausführung im Vergleich zu Deutschland?
Sowohl in Bezug auf die generelle Geschäftsplanung, als auch in Bezug auf die Projektplanung gibt es große Unterschiede im Vergleich zu Deutschland. Eine langfristige Geschäftsplanung ist mit beträchtlichem Risiko verbunden, weshalb viele Privatinvestoren einen Bogen um Länder wie Mosambik machen. Als wir im Jahre 2013 unsere Niederlassung gründeten, attestierten die internationalen Wirtschaftsweisen Mosambik ein starkes Wachstum und eine florierende Zukunft. Durch einen Schuldenskandal im Jahre 2015 und das Wiederaufflammen des Bürgerkrieges in einigen Regionen wurden viele der positiven Wirtschaftsprognosen wieder revidiert, da der Staat seine Kreditwürdigkeit bei den internationalen Geldgebern eingebüßt hatte. Ein Großteil der geplanten Bauprojekte wurde gestoppt, was natürlich schwerwiegenden Einfluss auf die Bauindustrie hatte.
Nichtsdestotrotz, während viele andere Europäische Unternehmen Afrika als Krisenkontinent abgestempelt haben, sieht GAUFF Afrika als Chancenkontinent.
Gibt es beispielsweise einen Prüfingenieur und wenn nicht welche anderen Prüfinstanzen gibt es?

Projektübersicht – die ländliche Katembeseite (links/Süd) und Mosambiks Metropole Maputo (rechts/Nord) (GAUFF)
Einen klassischen Prüfingenieur gibt es im Projekt nicht. Allerdings gibt es mehrere andere Prüfinstanzen, die dafür Sorge tragen, dass die Sicherheit des Bauvorhabens gewährleistet ist.
Das Projekt wird als EPC Vertrag nach FIDIC Silver Book ausgeführt, welches auch die Festlegungen bezüglich des Projektprüfungswesens definiert.
Die chinesische Baufirma ist dazu verpflichtet das Design, die Materialien und die Verfahrensbeschreibungen nach gültigen Standards prüfen zu lassen und dem Bauherrn die Ergebnisse auf Anfrage vorzulegen. Zusätzlich gibt es einen Gutachter von Bauherrenseite, der die Unterlagen überprüft und nachrechnet.
Zu Beginn des Projektes sahen sich alle Beteiligten erheblichen Regelungslücken gegenüber. Die chinesische Baufirma hat das Brückendesign nach den chinesischen Standards berechnet. Da das Projekt im Einzugsbereich der “Southern Africa Transport and Communications Commission“ (SATCC) gebaut wird, müssten eigentlich die SATCC-Normen für die Überprüfung angewendet werden. Da die SATCC einige wichtige Bereiche für ein Projekt dieser Größenordnung überhaupt nicht abdeckt, wurde die Designüberprüfung zusätzlich nach dem EUROCODE durchgeführt.
Gerade solche Regelungslücken erfordern Lösungen, die in keinem Lehrbuch stehen und die Tätigkeit in Mosambik und in diesem Projekt so reizvoll machen.
Auf ein Wort:
Mosambik liegt im Südosten Afrikas und gilt mit seinen Bodenschätzen, seinen fruchtbaren Böden und einer 2.470 km langen Küste als eines der Länder mit dem größten ungenutzten Entwicklungspotenzial Afrikas.
Für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist eine verbesserte Anbindung der Hauptstadt Maputo an den Süden des Landes sowie an die weiterführende Handelsroute nach Südafrika von zentraler Bedeutung. Ein Meilenstein ist daher der Bau einer Brücke, die sich über den internationalen Seehafen von Maputo spannen wird. Nach ihrer Fertigstellung Mitte 2018 wird sie die längste Hängebrücke Afrikas sein.
2014 wurde mit dem Bau der „Maputo Bridge“ begonnen. Das Design und die Bauausführung erfolgen durch die China Road and Bridge Corporation (CRBC) mit Sitz in Peking, eine der weltgrößten Baufirmen. GAUFF Engineering aus Nürnberg verantwortet die komplette Qualitäts- und Implementierungsüberwachung sowie die Verifizierung des Designs nach dem Eurocode.
Ich wurde im Jahr 2013 nach Mosambik entsendet, als wir mit dem Aufbau unserer Niederlassung begonnen. Kurze Zeit später begannen wir mit den Vertragsverhandlungen für das „Maputo Bridge Project“.
Unter Auslandsingenieuren ist Mosambik sehr beliebt. Mit Mauritius und Sri Lanka teilt es sich den Ruf der „Perle am indischen Ozean“. Aufgrund seiner angenehmen Lebensbedingungen wird Mosambik von weitgereisten Afrikaveteranen abfällig Afrika für Anfänger genannt.
Rückblickend sehe ich meinen Mosambikeinsatz sowohl beruflich als auch privat sehr positiv und kann jedem Afrikareisenden nahe legen, das Land selber kennenzulernen.
Leserkommentare
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Burhenne, Maren | 5. Oktober 2017
Hallo Christoff, habe deinen Bericht mit großem Interesse gelesen. Deine Entwicklung bewu ndere ich. Bin seit dem 1.April Rentnerin und genieße das neue Leben.Ganz liebe Grüße Maren
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Norbert Schröter / Bauingenieur / HGF+Vorstand / Deutsche Bauchemie | 2. November 2017
Lieber Christoff, mit dieser besonderen Berufserfahrung und Qualifikation bist Du nun im Kreis der “echten” Bauingenieure angekommen. Da Ihr noch nicht fertig seit, plane ich immer noch, Dich im Herbst 2018 auf der Baustelle zu besuchen. Kollegiale Grüße aus Frankfurt / Mainhattan – Norbert