momentum magazin für Bauingenieure präsentiert von Ernst & Sohn
Historie

Zum 10. Todestag von Max Herzog

Max Alfred Maria Herzog

Max Alfred Maria Herzog (Foto: Archiv Kurrer)

Herzog verbrachte Kindheit und Jugend in Brünn. Noch als Schüler des dortigen Deutschen Realgymnasiums wurde er Ende 1943 eingezogen und überstand das Kriegsende in britischer Gefangenschaft unversehrt. Nach der Vertreibung fand die Familie Herzog in Graz eine zweite Heimstatt. An der Grazer Technischen Hochschule (heutige TU Graz) studierte Max Herzog Bauingenieurwesen und arbeitete vom 1.6.1951 im Konstruktionsbüro bei der Firma Ed. Ast & Co., die damals von Adolf Pucher (1902-1968) geleitet wurde. Wegen des geringen Monatsgehalts und der bürokratischen Firmenstruktur verließ Herzog nach 15 Monaten die Firma, um im  Ingenieurbüro von H. Basler im schweizerischen Zofingen einen Neubeginn zu wagen. Sein neuer Chef ließ ihm bei der Planung von Tragwerken von Industrie- und Verwaltungsbauten sowie Brücken freie Hand. Herzogs besonderes Interesse galt den Schalentragwerken. 1956 erfolgte Herzogs externe Promotion an der TH Graz über die Berechnung beliebig geformter Gewölbestaumauern nach der Schalentheorie [Herzog, 1956]. 1962 eröffnete er ein Ingenieurbüro in Aarau, projektierte über 50 Brücken und prüfte mehr als 60 Brücken.
Bis auf die Siedlungswasserwirtschaft sowie den Straßen- und Eisenbahnbau fehlt kein großes Fachgebiet des Bauingenieurwesens, für dessen Fortschritt sich Herzog in Theorie und Praxis nicht engagiert hätte. Die Liste seiner Veröffentlichungen umfasst insgesamt 388 Titel – davon 20 Bücher. Sehr früh erkannte er die Bedeutung des Studiums der Originalquellen der internationalen Fachliteratur für die anspruchsvolle Bauingenieurtätigkeit: Herzog ist nicht nur ein ausgezeichneter Kenner der deutschsprachigen Fachliteratur, sondern auch der US-amerikanischen, englischen, französischen und italienischen. Dazu kommt, dass er stets um die Originalquellen der in seinem Blickfeld stehenden Gegenstände wusste und in der Lage war, deren geschichtliche Bewegung in treffenden Strichen zu vermitteln.
Ausgehend von Messungen am Tragwerk des Bauwerks, entwickelte Herzog für den Bereich zwischen den Schnittstellen Tragwerk und Tragstruktur einerseits sowie Tragstruktur und statischem System andererseits vereinfachte Näherungsverfahren (z. B. [1996/2]). Seine Verfahren summieren sich zum Grundstein einer noch aufzurichtenden Proportionslehre des Bauingenieurs, einer konstruktionsorientierten Baustatik, die mit hohem Einsatz an Modellbildungsphantasie aus den wissenschaftlichen Methoden der Baustatik und der Baukonstruktionslehre zu entwickeln wäre. Eine solche  Proportionslehre des Bauingenieurs vermittelt zwischen Wissenschaft und Praxis, indem sie sich um das Fließgleichgewicht von Erkennen und Gestalten sorgt.
Mit Fug und Recht kann Max Herzog als homme de lettres par excellence des deutschsprachigen Bauingenieurwesens gelten.

Wesentliche Beiträge zur Baustatik:
Schalenförmige Staumauern (1956/1)
Über die Berechnung beliebig geformter Gewölbestaumauern nach der Schalentheorie (1956/2)
Tragfähigkeit von Stahlbetondruckgliedern nach Versuchen (1978)
Rasche Vorbemessung von Bogenstaumauern nach der Schalentheorie (1992 u. 1995)
Kurze baupraktische Festigkeitslehre (1996/1)
Vereinfachte Bemessung im Stahl- und Verbundbau: Näherungsverfahren im Vergleich mit Versuchen (1996/2)
Baupraktische Bemessung von Stahlbetonschalen (1997)
Schadensfälle im Stahlbau und ihre Ursachen (1998/1)
Elementare Talsperrenstatik (1998/2)
Elementare Berechnung von Seilbrücken (1999/1)
Elementare Tunnelbemessung (1999/2)
Schadensfälle im Stahlbeton- und Spannbetonbau (2000)
Entwicklung des Konstruktiven Betonbaus. Ein Kurzportrait (2005)
Statik und Dynamik für die Baupraxis (2007)
Kurze Geschichte der Baustatik und der Baudynamik in der Praxis (2010)

Zum Weiterlesen:
Kurrer, Karl-Eugen: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Berlin: Ernst & Sohn 2018.
https://www.ernst-und-sohn.de/the-history-of-the-theory-of-structures

Bildquelle: [Kurrer, 2018, S. 1007]

Schreibe einen Kommentar…

Datum 15. Januar 2022
Autor Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Karl-Eugen Kurrer
Schlagwörter , , , ,
Teilen facebook | twitter | Google+