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2. Burgdorfer Brückenbautag

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(Logo: Berner Fachhochschule)

Am Donnerstag, dem 17. September 2020, fand an der Berner Fachhochschule in Burgdorf in der Schweiz der 2. Burgdorfer Brückenbautag statt. Obwohl die administrativen Schutzmaßnahmen gegen COVID19 die Durchführung einer solchen Tagung erschwerten, konnte die Veranstaltung durchgeführt werden. Dazu wurde die Tagung auf zwei Standorte aufgeteilt und Referenten aus dem Ausland wurden per Video zugeschaltet. Durch die Aufteilung war es möglich, dass die zulässige maximale Personenanzahl und der Mindestabstand eingehalten wurden, die Besucher in den Pausen aber direkt miteinander diskutieren konnten.

In der Eröffnung wies Prof. Dr.-Ing. Dirk Proske darauf hin, dass bei der Gründung der Tagung 2019 aufgrund der Umstrukturierung der Berner Fachhochschule unklar war, ob die Tagung in den nächsten Jahren nach Bern oder Biel wandern wird. So kam auch der Name B3 Tagung (Burgdorfer/Berner/Bieler Brücken-Bau-Tagung) zustande. Die Auswirkungen von COVID19 waren 2019 noch nicht vorstellbar. Trotz der organisatorischen Einschränkungen hatte die Tagung 2020 115 Besucher. Damit konnte die Anzahl Besucher aus dem Jahre 2019 fast wieder erreicht werden.

Im ersten Vortrag stellte Nader Winkler, Stellvertretender Abteilungsleiter Kunstbauten beim Solothurner Amt für Verkehr und Tiefbau, den Neubau einer Emmebrücke aus Sicht der Bauherrschaft vor. Er ging zunächst auf die Problematik des Mischbestands alter und neuer Brücken und die sich daraus ergebenden Probleme für die Bauwerksverwaltung ein. Anschließend wurde auf die Entwürfe der neuen Emmebrücke, aber auch auf organisatorische Fragen, z. B. die Verlegung von Medienleitungen in den Brücken, eingegangen.

Im zweiten Vortrag stellte Dr. Armand Fürst vom Ingenieurbüro Fürst Laffranchi die Erneuerung des Saaneviadukts vor. Zunächst ging Dr. Armand Fürst auf die Geschichte der Brücke, z.B. auf den Einbau einer Verspanneinrichtung 1944, ein. Die Erneuerung umfasste zahlreiche interessante Fragestellungen, wie z. B. die Gestaltung des Stahlüberbaus oder die Verbreitung der vorhandenen Gewölbe. Er ging auch auf spezielle Probleme wie das Temperaturverhalten der Brücke oder den Bauablauf ein.

Im dritten Vortrag sprach Prof. Dr. Aurelio Muttoni von der EPF in Lausanne über Teilsicherheitsfaktoren. Der Titel seines Vortrags lautete: Teilsicherheitsfaktoren – Was steckt dahinter? Er erläuterte zunächst die normativen Hintergründe und stellte anschließend einige neuere Studien vor, die die Anteile der verschiedenen Unsicherheiten in den Teilsicherheitsfaktoren aufschlüsseln. Er verwies explizit auf die Normen Eurocode 0, Eurocode 2, SIA 260 und SIA 269. Diese Schweizer Normenreihe 269 bezieht sich auf die Bewertung bestehender Bauwerke.

Der Vortrag von Herrn Dr. Philippe Menetrey von INGPHI aus Lausanne fiel krankheitsbedingt aus. Als nächster Vortragender sprach Herr Gianfranco Bronzini von Büro Conzett Bronzini und Partner über den Negrellisteg in Zürich. Dabei wurden gestalterische, bautechnologische, aber auch statische und dynamische Fragestellungen des Brückenbauwerks behandelt. Bei der Brücke handelt es sich um eine Fußgängerbrücke in Zürich.

Per Videozuschaltung sprach anschließend Prof. Dr.-Ing. Thomas Braml von der Bundeswehruniversität München über die zehnjährige Erfahrung in Deutschland bei der Nachrechnung von Brücken. Er verwies in seinem lebhaften Vortrag konkret auf Stärken und Schwächen der heute gültigen Nachrechnungsrichtlinie. Er deutete darüber hinaus auch die mögliche Weiterentwicklung der Richtlinie an.

Nach der Mittagspause sprach Prof. Dr. Alfred Strauss von der Universität für Bodenkultur Wien über die erweiterte Analyse bestehender Stahlbeton- und Spannbetonbrücken in Tschechien und Österreich. Er verwies hier auf aktuelle europäische Forschungsprojekte und zeigte die Anwendung modernster Verfahren an einer Bestandsbrücke in Wien.

Mit dem Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Thomas Braml, dem vorangegangenen Vortrag von Prof. Dr. Alfred Strauss und dem Vortrag von Prof. Dr. Eugen Brühwiler über den monitoringbasierten Nachweis der Ermüdungs- und Tragsicherheit von Brücken beim Burgdorfer Brückenbautag 2019 gab es damit drei Vorträge über den Umgang mit bestehenden Brücken in den D-A-CH-Staaten.

Dr. Andreas Galmarini vom Ingenieurbüro WaltGalmarini sprach danach über den Bau der zweiten Hinterrheinbrücke Reichenau. Nach der Vorstellung der vorhandenen Brücken-, Landschafts- und Infrastruktursituation wurde der Entwurf diskutiert. Die vorhandene Situation ist sehr anspruchsvoll und wird durch viele Rahmenbedingungen flankiert. Die Situation wurde jedoch hervorragend mit einem Gesamtentwurf gelöst.

Anschließend wurde ausführlich auf die Errichtung eingegangen, z.B. auch auf den Bau eines Mock-Ups. Prof. Dr. Robert Wagner sprach als Vertreter der Schweizerischen Südostbahn über die Instandsetzung des Sitterviadukts, der höchsten Schweizer Eisenbahnbrücke. Er ging dabei auf das ursprüngliche Bauwerk, heutige Schäden am Bauwerk, Berechnungen und die Bauausführung ein. Der Vortrag war auch deshalb interessant, weil die Brücke bei bestimmten Fragestellungen mit dem Saaneviadukt verglichen werden kann.

Im vorletzten Referat ging Gilbert Santini von WMM Ingenieure auf die Neue Aarebrücke Aarau ein. Diese Brücke war durch einen relativ langen Planungszeitraum mit verschiedenen Umplanungen geprägt. Gilbert Santini ordnete diesen Zeitraum aber in die lange Geschichte der Aarauer Aarebrücken ein.

Im letzten Vortrag sprach Prof. Dr.-Ing. Dirk Proske über Opferzahlen von Brückeneinstürzen. Dieser Vortrag war eine Fortsetzung des Vortrags aus dem letzten Jahr, der sich mit der Einsturzhäufigkeit von Brücken befasste. Der Referent konnte zeigen, dass zwar die Einsturzhäufigkeit von Brücken im Allgemeinen unterschätzt, aber dass die Anzahl der Opfer im Allgemeinen überschätzt wird. Die meisten Brückeneinstürze haben keine Todesopfer zur Folge.

Der nächste Burgdorfer Brückenbautag findet am 9. September 2021 in Burgdorf statt. Im Augenblick ist geplant, die Tagung wieder wie im Jahre 2019 durchzuführen, also vor Ort in Burgdorf.

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Datum 15. Dezember 2020
Autor Beton- und Stahlbetonbau 12/20 aktuell
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