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20 Prozent bis 2020

Textilbeton ist natürlich nicht mehr neu, steht aber jetzt am Serienstart und zwar, vielleicht noch etwas vollmundig, als „Stahl des 21. Jahrhunderts“. Darin waren sich alle Vortragenden auf der Pressekonferenz des Forschungskuratoriums Textil e.V. am 2.4. in Berlin und auch die versammelten Fachjournalisten einig. Bei der Leichtbauinnovation „made in Germany“, einer Gemeinschaftsentwicklung von Textil- und Bauforschung, ersetzt Carbon als Bewehrungsmaterial herkömmlichen Stahl. „Wir stehen vor einer Baurevolution mit Fasern mit erhofft weltweitem Echo“, betonte Dr. Klaus Jansen, Chef des Forschungskuratoriums Textil (FKT) und: der komplette Input dafür komme aus deutschen Landen.

Textilbeton

Textilbeton (Foto: Forschungskuratorium Textil e.V.)

Textile Armierungen rosten und ermüden nicht, sind erheblich leichter als Stahl und enorm zugstabil. Für Beton mit Carbonfaserverbundkunststoff (CFK) als Innenleben erwarten Experten die alles entscheidende allgemeine Bauzulassung bereits in den nächsten Wochen. Damit werden großserielle Anwendungen möglich, die der C³ -Cluster, ein vom Bundesforschungsministerium mit 45 Mio. € geförderter Forschungs- und Firmenverbund, von Sachsen aus und zunächst schwerpunktmäßig in Ostdeutschland vorbereitet. Die Allianz aus fast 80 Partnern will in den nächsten zehn Jahren mit weiteren Eigenmitteln in Millionenhöhe die Weichen dafür stellen, dass bei Neubauten rund 20 % der Stahlbewehrungen durch nichtrostende und vergleichsweise federleichte Carbonarmierungen ersetzt werden.

Die Symbiose von Carbon und Beton, davon zeigte sich der Direktor des Dresdner TU-Textilforschungsinstituts Prof. Dr. Chokri Cherif überzeugt, führe zu einer neuen Art zu konstruieren und zu bauen. „Der vergleichsweise plumpe Betonbau geht zu Ende; der Betonbau der Zukunft zeichnet sich durch Filigranität, Leichtigkeit und Ästhetik aus.“ Mit Blick auf den C-Cube-Cluster rechnet Cherif in den nächsten zehn Jahren mit 1.000 bis 3.000 neuen Arbeitsplätzen.

Carbonbeton, an dem bereits seit 1992 schwerpunktmäßig Textilforscher aus Dresden, Aachen, Chemnitz und Denkendorf mit staatlicher Unterstützung in Form von rund 50 Mio. € Fördermitteln forschen, ermöglicht am Bau erstaunliche Effekte. Dazu zählen nach einer Berechnung Aachener Textilforscher eine Reduktion der benötigten Zementmenge von 70 % und eine Verminderung des Gesamtgewichts um 80 %. Damit verringert sich der CO2-Footprint dieses neuen Baustoffs gegenüber herkömmlichen Stahlbeton um die Hälfte. Armierungsstahl muss zum Schutz vor Korrosion mit 60 mm Beton überdeckt werden; die Textilarmierung lediglich mit 10 mm. Rein theoretisch könne, so Roy Thyroff (GF V FRAAS Solutions in Textile GmbH), die Betondeckschicht auch entfallen, es sehe nur nicht so gut aus … Eine der ersten Referenzbrücken in Albstadt-Lautlingen (Baden-Württemberg) hätte in klassischer Bauweise 350 t gewogen, in Glasfaser- und Carbonbeton bringt sie dagegen nur 200 t auf die Waage.

Textilbetonbrücke

Textilbetonbrücke in Albstadt-Lautlingen (Foto: Forschungskuratorium Textil e.V.)

Prof. Dr. Jan Knippers zeigte in seinem Vortrag mit bereits realisierten Projekten deutlich auf, wie sowohl statische als auch ästhetische Träume durch die neuen Textilbaustoffe wahr werden können. Knippers konnte das auch an Beispielen eher bodenständiger Zweckbauten vorführen.

Gewissen Raum nahm naturgemäß auch die Frage nach dem Schutz der Rechte ein; wäre doch Textil- und Textilbetonbau nicht das erste Exempel für eine hierzulande entwickelte und im – vorzugsweise – asiatischen Ausland kommerziell ausgewertete Technologie. Die Vortragenden waren sich darin einig, dass dies hier zu verhindern sei. Wie, dafür gab Christoph Osterroth von der beachtenswerten Deutschen Basalt Faser GmbH ein plausibles Beispiel: einfach mehr Schweigen …

 

 

 

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Datum 9. April 2014
Autor Burkhard Talebitari
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