Im Ernst, Kolumnen, Vermischtes
Bock auf Zukunft
… hat laut ihrer stellv. Vorsitzende eine sogenannte Volkspartei anlässlich ihres 35. Parteitages in Hannover. Bock auf Zukunft hat auch irgendwie, oder jedenfalls ein Stück weit, der Präsident der SPK (Stiftung Preußischer Kulturbesitz) Hermann Parzinger. Die SPK nämlich trat bei. Genauer gesagt dem Aktionsnetzwerk. Noch genauer dem zur Nachhaltigkeit nämlich – und auch noch gleich der Nachhaltigkeitsdeklaration, insofern man Deklarationen beitreten kann.
Nachhaltigkeit wird so, so Parzinger, zu einer zentralen Grundlage des Handelns der Stiftung – quasi ein green deal, wenn man eventuell Handeln mal insofern verstehen möchte. Parzinger betonte das Sammelnde der Stiftung. Die SPK sei nämlich eine sammelnde Kultur- und Forschungseinrichtung, die die Vergangenheit bewahre. Bewahre: nicht für irgendwas und -wen, sondern für die Zukunft. Insofern – nota molto bene – könne der Stiftung nicht gleichgültig sein, wie die Zukunft jetzt nochmal gleich wieder aussähe. Voll Bock auf Zukunft – insofern. Inwiefern sonst noch, dürfte unter falschem Fragen verbucht werden müssen, mindesten aber können.
Aktiv begrüßt hat diesen Bock unterdessen auch die Kulturstaatsministerin und Kulturaktivistin Claudia Roth, insofern sie dazu sagte: „Die wachsende Zahl an Akteurinnen und Akteuren im Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit belegt eindrucksvoll das große Interesse der Kultureinrichtungen an einer betriebsökologischen und strukturellen Transformation, die gut ist für das Klima wie für die Budgets der Kultureinrichtungen, und das noch mehr in der aktuellen Situation der Energiekrise.“ Nix mit tote Hosen: Öko-Win-Win insofern und irgendwie bestimmt auch zukunftsbockig. Die Kulturstaatsministerin begrüßt es in einer Pressemitteilung der SPK weiterhin sehr, dass mit der SPK als größter Kultureinrichtung der Bundesrepublik nun eine weitere zugkräftige Mitstreiterin dieses Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit verstärkt. Nachhaltige Nachhaltigkeit also mit future-fit insofern.
Völlig richtig ist auch Nina Schallenberg, Nachhaltigkeitsbeauftragte der SPK und Kuratorin am Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin (jawollja, so heißt das – beinahe hellsichtig, wo die Gegenwart doch immer musealer wird): „In unserem Bereich nachhaltig zu handeln“ bedeute nicht, dass man aufhöre Ausstellungen zu machen (heavens!), Bücher herauszugeben (Schock schwere Not!) und Forschungsprojekte (bewahre!) zu initiieren. Es bedeutet jedoch, dass man das Wie seines Fragens grundlegend ändere und auch handele. Stopp mal – andersrum: Das Wie seines Handelns ändere und in Frage stelle. Viel sorry: das Wie seines Handelns grundlegend in Frage stellen und auch ändere. Jo, so hat sie gesagt und dann noch und echt jetzt: Nachhaltigkeit sei „kein Zusatz, sondern Teil des Arbeitens“ der SPK. Ob nun in all dem nachhalltigen Buzz-Word-Schwurbel die Frage nach dem Zusatz, der in seinem Sosein doch dann Teil würde, angebracht ist oder überhört werden kann (vgl. Nachhall), erscheint beinahe unerheblich.
Nach halt ich aber den Gedanken der Wiener Germanistin Eva Horn noch, demzufolge Begriffe wie Ökologie und Nachhaltigkeit in gewisser Weise zu begrenzt seien, „weil sie sehr stark diese lokale Perspektive und diese Stabilitätsperspektive noch mittransportieren. Nachhaltigkeit impliziert ja immer so ein bisschen, dass die Dinge möglichst nachhaltig so bleiben können, wie sie sind, oder dass man eine Technologie so einsetzt, dass sie immer weitergeht und nicht irgendwann Zerstörung oder Vergiftungserscheinungen erzeugt oder auf Ressourcenprobleme stößt. Das ist Nachhaltigkeit.“ … der Autor teilt diesen Zusatz.