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Brückenbauexkursion der Technischen Universität Dresden 2015

Exkursionsteilnehmer der Fakultät Bauingenieurwesen, Technische Universität Dresden (Foto: Sebastian Wilhelm)
Die diesjährige Brückenbauexkursion durch Tschechien, Österreich und Süddeutschland gab den mitgereisten Studenten des 4. und 8. Semesters die Möglichkeit, den Brückenbau im Neubau und in der Instandsetzung sowie den Tunnelbau hautnah zu erleben. Zum einen konnten die theoretischen Grundlagen des Studiums vertieft und in der praktischen Anwendung kennengelernt werden. Zum anderen bot sich die Gelegenheit, den Bauleitern und Planern eine Vielzahl an Fragen zu stellen und mit ihnen Fachinhalte zu diskutieren.
Ausgehend von Dresden war die erste Station Prag. Die Mitarbeiter von METROSTAV informierten uns hier umfangreich zur Troja-Brücke, eine mit 200 m Stützweite und 36 m Breite ausgeführte Netzbogenbrücke. Trotz der 2500 t schweren Stahlkonstruktion wirkt diese Brücke durch ihren sehr flachen Bogen von nur 20 m Höhe filigran.
Weiter ging es über Hradec Králové (Königgrätz), wo einer der wichtigsten Autobahnverkehrsknotenpunkte Tschechiens im Moment zu Europas größtem Kreisverkehr ausgebaut wird, nach Wien. In Wien standen die Besichtigung der Faltwerkskonstruktion des Daches über dem Wiener Hauptbahnhof sowie der Baustelle des neuen Verkehrsknotenpunktes Prater und der Hochstraße Inzersdorf, beide begleitet durch die ASFINAG, auf dem Programm. Am Knoten Prater, einem hochrangigen Autobahnkreuz zwischen der A-23-Südosttangente Wien und der A-4-Ost-Autobahn inmitten von Wien, erfolgt derzeit der Neubau zweier Entflechtungsbauwerke über den Donaukanal sowie Abriss – mit Hilfe eines Abbruchschiffs – und Neubau der Erdberger Brücke. Bei Aufrechterhaltung von zwei Fahrspuren pro Richtung und 190.000 Fahrzeugen pro Tag bedeutet dies eine planerische Meisterleistung.

Tunnelbau im Sprengvortrieb bei der Tunnelkette Granitztal, Deutsch-Grutschen/Österreich (Foto: Sebastian Wilhelm)
Nach einem kurzem Zwischenstopp in Graz, bei dem die schwimmende Murinsel besichtigt wurde, die 2002 im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres errichtet worden war, ging es weiter nach Deutsch-Grutschen zur Tunnelkette Granitztal. Nach einer Einführung im Baubüro von HOCHTIEF konnten die Studenten den Anfang der 2,6 km langen Röhre begehen und einen Einblick in den spannenden Tunnelbau im Sprengvortrieb nehmen.
Weiter ging es nach Salzburg. Hier standen als Fuß- und Radwegbrücken der Wilhelm-Kaufmann-Steg und der Makarsteg sowie der historische Mozartsteg auf der Tagesordnung. Durch Anwesenheit der jeweiligen Tragwerksplaner konnten spezielle statische Besonderheiten wie z. B. die Schwingungstilgung beim Wilhelm-Kaufmann-Steg, der eine sehr schlanke Schrägkabelbrücke mit einseitigem Pylon ist, diskutiert werden. Über die Mangfallbrücke, eine Spannbetonbalkenbrücke nach einem Entwurf von Ulrich Finsterwalder 1959, dessen Stege als vorgespannte Fachwerkkonstruktion ausgeführt wurden, ging es weiter zur Europabrücke nach Innsbruck. Aufgrund der einseitigen Sperrung wegen Instandsetzungsmaßnahmen konnte die 192 m hohe Brücke, geführt durch die ASFINAG, von den Studenten begangen werden. Aufgrund einer Vielzahl von aufgeschweißten Aussteifungsrippen am Deckblech kann der Fahrbahnbelag nur unter hohem Aufwand vollständig aufgenommen werden.
Auch die HOCHTIEF-Baustelle des Wasserkraftwerk Pfunds, das seit vielen Jahren größte im Alpenraum neu gebaute Laufwasserkraftwerk im schweizerisch-österreichischen Grenzgebiet, gehörte zum breitgefächerten Programm. In einem über 20 km langen Tunnel, gebaut im Doppelschildvortrieb, konnten die Studenten auf der Baustelle die Dimensionen der Maschinen sowie die Herstellung der Tübbinge in der extra dafür errichten Fabrikhalle live erleben.
Eines der Highlights war die längste Fußgängerhängebrücke Europas in Reutte – die Highline179. Die Seilhängebrücke überspannt in schwindelerregender Höhe die B179 bei Reutte und verbindet somit die Ruine Ehrenberg mit dem Fort Claudia. Mit 406 m Länge und 115 m Höhe ist diese Brücke aufgrund der hohen Schwingungsanfälligkeit und einem Gitterrost-Laufsteg eine sehr luftige und nicht für jeden geeignete Attraktion.
Nach der Begehung des Daches des Olympiastadions in München, eine architektonische Meisterleistung von Frei Otto und Günther Behnisch, bildete die Besichtigung der Saale-Elster-Talbrücke als Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 (VDE 8) den Abschluss der Exkursion. Ziel des Aus- und Neubaus der Bahnmagistrale Berlin–Nürnberg ist, dass ab 2018 die aktuelle Fahrtzeit von ca. sechs Stunden von Berlin nach München auf nur noch vier Stunden verkürzt wird. Besonderheit der fast 6500 m langen Stahlbetonbrücke ist die schotterlose feste Fahrbahn und eine Stahl-Stabbogenbrücke mit einer Ausbaugeschwindigkeit von ebenfalls 300 km/h. Da sich die Brücke noch in der Standzeit befindet und derzeit nur Messfahrten stattfinden, konnte der Hohlkasten begangen und ein Einblick in das Bauwerksmonitoring durch MARX KRONTAL sowie in die Auswertung der Daten gewonnen werden.