Vermischtes
Dauerstresstest – Von Kacheln und echten Menschen
Sehr verehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
vier von fünf Baufirmen treffen sich inzwischen wieder „in echt“ mit ihren Kunden – also persönlich, so richtig von Mensch zu Mensch. Wie früher mal. Das hat eine Umfrage ergeben, die wir in unserer aktuellen Ausgabe zitieren. Und: Die Zahl der Dienstreisen hat überraschend schnell wieder überraschend deutlich zugenommen. Seit einigen Wochen registriert die große deutsche Fluggesellschaft mit dem Kranich am Leitwerk wieder eine deutlich gestiegene Nachfrage nach dienstlichen Flügen, vor allem inner-deutsch und innereuropäisch. Und: Es sind vornehmlich Unternehmensberater und Mittelständler, die wieder fliegen.
Wie gehen wir mit diesen Informationen um? Man könnte es mal typisch deutsch ver-suchen: Persönlich treffen? Um Gottes Willen. Die vierte oder gar fünfte Coronawelle ist damit schon programmiert. Unverantwortlich, so viel Nähe. Und Flugreisen? Hilfe! Das Weltklima ist in Gefahr. Flugzeuge sind böse für das Klima. Eine nicht gute Entwicklung.
Man kann es auch mit einem anderen Ansatz versuchen: Herrlich, dass sich Menschen endlich wenigstens ansatzweise wieder mal persönlich begegnen und sich nicht nur am Monitor in Kachelform treffen. Menschen brauchen Kontakt. Wir sind keine asozialen Roboter. Das hat Corona deutlich gezeigt. Keine Videokonferenz kann eine Begeg-nung ersetzen, den Smalltalk, die Nähe. Und sachliches Denken hilft oft weiter: Alle geimpft? Abstand? Die (ehemalige) Norma-lität ist vielfach schon bedenklich weit aus den Gedanken verschwunden. Ob es ver-hältnismäßig ist, dass auch in Ortschaften mit 30.000 Einwohnern mit einem positiv Getesteten (der in Quarantäne ist) alle brav mit (in Bayern sogar FFP2-)Maske einkaufen, hinterfragt ja schon gar niemand mehr. Interessanterweise sind gerade Baumenschen entweder pragmatischer oder unvorsich tiger – Masken bei Besprechungen im Bau-container sind aber doch eher eine Seltenheit. Man ist geneigt zu sagen: Schön so.
Und Fliegen? Muss nicht sein in manchen Fällen, stimmt. Die Frage ist freilich, ob wir uns bei allem Klimaschutz und bei aller Ökologie wirklich in allen Lebenslagen nur noch beschränken müssen. Was die Menschen sich jahrelang an Komfort, Flexibi-lität und damit auch Nähe aufgebaut haben, ist jetzt wieder im Sturzflug. Das ist ein Stück weit sicher nötig und sinnvoll. Aber es muss ja nicht immer mit der Rasenmähermethode sein. Augenmaß kreiert Akzeptanz. Zu viel zu wollen, polarisiert unnötig.
Genießen Sie jede Begegnung, die Ihnen das Leben schenkt. Jede davon ist in irgend-einer Form ein Gewinn. Hoffentlich auch die Begegnung mit unserem aktuellen UBB. Viel Freude damit!
Ihr Prof. Dr. jur. Günther Schalk, Chefredakteur UBB und Rechtsanwalt