Kolumne Falk Jaeger
Holzbau Ministersache?
Über die Vorzüge des Holzbaus und über die zwingende Notwendigkeit, dessen Verbreitung aus ökologischen Gründen voranzutreiben, gibt es seit zwei Jahrzehnten keine Diskussionen mehr. Dennoch sind auf den Baustellen des Landes die Betontransporter die Regel und Holzlaster die Ausnahme. Wie kann das sein?
Holzbau ist auf der Rechnung der Gestellungskosten (und nur die sind für die meisten Bauherren interessant) unterm Strich teurer. Die Gründe mögen darin liegen, dass es für Betonbau jahrzehntelang eingespielte Beteiligte gibt, vom Entwerfer bis zum Eisenbieger. Holzbau hingegen ist technisch anspruchsvoller, bedingt mehr Planungsaufwand und verlangt von der Produktion bis zur Montage höher qualifiziertes Personal. Und Holzbau unterliegt komplizierteren Vorschriften, vor allem des Brandschutzes.
Ersteres lässt sich durch normierte Anwendungsmethoden, serielle Produktion, mehr Routine etc. kostenmäßig mildern. An den Vorschriften muss dringend gearbeitet werden.
Holzbau wird vom Fügeprinzip her vorfabriziert, hat also einen hohen Vorfertigungsgrad und tendiert zur seriellen Produktion. Firmen, die auf diesem Gebiet arbeiten, sind natürlich bestrebt, ihre Entwicklungen vielfach anzuwenden und bieten deshalb ihre Lösungen meist überregional, bundesweit an. Was diese Firmen nicht brauchen können, sind unterschiedliche Vorschriften.
Doch das Chaos diesbezüglich ist in den letzten Jahren kaum geringer geworden. 16 Bundesländer haben unterschiedliche Bauordnungen. Eine bundesweite Musterbauordnung ist letztlich „Muster ohne Wert“, denn sie wird höchstens als Anregung verstanden und keineswegs als verbindlich betrachtet. Manche Landesbauordnungen haben bei Teilaspekten ähnliche Vorschriften, es gibt verschiedenste Schnittmengen.
Ein Grundproblem ist zum Beispiel die unterschiedliche Behandlung von massiven Holzbauweisen (Brettstapel- und Blockbauweisen) und Holzrahmen oder -skelettkonstruktionen. Nur sechs Bundesländer lassen feuerwiderstandsfähige Bauteile aus Holz ohne Brandschutzbekleidung in allen Gebäudeklassen zu. Hamburg und Bremen allerdings beschränken dies auf massive Holzbaubauweisen.
Nun soll eine neue Musterbaurichtlinie „M-HolzBauRL“ dieses Problem lösen. Der Brandschutzexperte Reinhard Eberl-Pacan kritisiert hingegen, dass darin 15 Jahre alte Vorschriften unverändert einfließen sollen. „Weder findet eine Ausweitung dieser Holzbauweisen auf die GK 5 statt, noch werden die Ergebnisse umfangreicher neuerer Forschungen zum Brandschutz berücksichtigt, die in vielen Fällen Alternativen und Vereinfachungen zulassen“.
Eberl-Pacan beklagt, dass das Vorschriftenwesen immer zehn Jahre hinter der Entwicklung nachhinke und stellt das Instrument der ausführlichen Holzbaurichtlinie überhaupt infrage. Man müsse sich ohnehin an den „anerkannten Regeln der Baukunst orientieren und den Vorschriften EN, DIN, VDI usw. orientieren. Weder Stahlbeton-, Stahl- noch Mauerwerksbau bedürften eigener Richtlinien, nur beim Holzbau werde dies für notwendig gehalten. Wohl weil das „feuergefährliche“ Holz emotional angstbesetzt ist.
Die Problematik des Holzbaus macht in verschärftem Maß die Notwendigkeit deutlich, die Bauvorschriften bundesweit zu harmonisieren. Holz brennt in allen Bundesländern gleich. Es ist nicht einzusehen, weshalb sich die Firmen mit unterschiedlichen Vorschriften herumschlagen müssen. Und es kann nicht sein, dass Architekten, die auf diesem Gebiet Pionierarbeit leisten und neue Holzbauweisen und Einsatzmöglichkeiten erdenken, sich immer wieder auf den dornigen Weg durch die Genehmigungsverfahren begeben müssen.
Die Causa zeigt aber auch, dass wir endlich einmal einen starken Bundesbauminister brauchen, der in seinem Haus die Kompetenz und der das politische Gewicht hat, diese Dinge auf föderaler Ebene voranzubringen und durchzusetzen. Mit einem Bauminister in Nebentätigkeit ist das nicht zu machen. Seine Staatssekretäre und Staatssekretärinnen haben nicht das Standing und kämpfen mit Initiativen für bundesweite Regelungen gegen die hartleibigen Länderverwaltungen auf verlorenem Posten.
Es geht schließlich auch um die internationale Konkurrenzfähigkeit unserer Firmen – ein hohes Gut, wie in diesen Zeiten deutlich wird.