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Bautechnik

Infrastrukturprojekte, Verkehrswegebau und Mobilität

Bernd Wagenbach

Bernd Wagenbach; Sprecher der Geschäftsführung Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH Frankfurt/Main (Fotot: Schüssler-Plan Ingenieurgesellschaft)

Liebe Leserinnen und Leser,

fragen Sie sich nicht auch, wie wir künftig reisen werden? Oder welche Einflüsse die Digitalisierung auf unsere Mobilität, unser Arbeitsumfeld und unsere Arbeitsprozesse haben? Dann bekommen Sie mit dieser Ausgabe der „Bautechnik“, die sich den Themen „Infrastrukturprojekte, Verkehrswegebau und Mobilität“ widmet, Antworten auf einige Ihrer Fragen.

2020 und 2021 waren und sind außergewöhnliche Jahre. Sie haben uns gezeigt, dass nicht alles in dem Maße planbar ist, wie wir es als Ingenieure und Planer in der Vergangenheit gewohnt waren. Herausforderungen gibt es in unserer Branche – und nicht nur hier – immer wieder. Aber die Pandemie, die uns nun seit Frühjahr 2020 in Atem hält, hat uns alle in einem besonderen Maße gefordert und den begonnenen Wandel – hin zu einer digitalen Welt – beschleunigt.

Wir sind in einer Branche tätig, in der man im Gegensatz zu vielen anderen Berufsbereichen auch in den vergangenen Monaten weiterhin Projekte bearbeiten und begleiten durfte und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Arbeit und damit ihre Arbeitsplätze erhalten blieben. Subjektiv betrachtet waren seit März des vergangenen Jahres unsere Leistungen in den Projekten, trotz geänderter Randbedingungen, intensiver und effektiver als zuvor. Die IT-Spezialisten sowohl auf Seiten der Auftraggeber als auch in unseren Häusern haben Enormes geleistet! Das mobile Arbeiten war innerhalb weniger Tage flächendeckend technisch möglich und hat sich einen festen Platz in unserer vom steten Wandel geprägten Arbeitswelt geschaffen.

Zu keiner Zeit haben sich Veränderungen und Entwicklungen so schnell vollzogen, wie in den vergangenen fast 1 ½ Jahren. Ohne einen mutigen Schritt in eine neue Form der Zusammenarbeit mit digitalen Werkzeugen würden wir heute sicherlich unter deutlich stärkeren Auswirkungen der Pandemie leiden.

Die Digitalisierung im Planungsbereich hat in den vergangenen Jahren und Monaten einen enormen Schub erhalten. Wir begrüßen es sehr, dass sich die Mehrzahl unserer Auftraggeber der digitalen Entwicklung nicht verschließen, die konventionellen Planungsmethoden auch innerhalb der Projektprozesse zurückdrängen und uns mit teilweise hohen Anforderungen auf dem Weg zur umfassenden Digitalisierung unserer Planungs- und Arbeitsprozesse nach vorne treiben. Mit weitestgehender Digitalisierung und künstlicher Intelligenz lassen sich Prozesse beschleunigen, Fehleranfälligkeiten minimieren, eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit erzielen und kollaborative Projektwelten mit partnerschaftlichen Ansätzen fördern. Es liegt in unserer Verantwortung, mit diesen neuen Prozessen und Denkweisen ein zukunftsfähiges, nachhaltiges und lebenswertes Arbeits- und Projektumfeld zu schaffen. Auch wir Ingenieure und Techniker wollen fühlen, riechen und schmecken; ein „digitales Feierabendbier“ wird dies nicht leisten können. Insofern achten auch Sie in Ihren Unternehmen auf die Beibehaltung der analogen Unternehmenskultur, die ihre Wurzeln in einer gelebten analogen Kommunikation hat.

In Anbetracht des rasanten Wandels stellen wir uns zunehmend die Fragen nach einer nachhaltigen und damit zukunftsfähigen Ausrichtung unserer Unternehmen. Benötigen wir bei Beibehaltung des mobilen Arbeitens noch die heute bereits existenten Büroflächen in diesem Umfang? Wie sieht das Planungsbüro der Zukunft aus? Gibt es nur noch Team- und Kommunikationsbereiche, Denkzellen und Entspannungsinseln? Ist unser Leistungsangebot zukunftsfähig oder müssen wir Neues wagen? Eine Vielzahl an interessanten Fragestellungen, die wir in kurzer Zeit angehen und beantworten müssen. Dies bedeutet abermals eine Herausforderung an uns, bietet jedoch ebenso eine Möglichkeit, innovativ Neues zu gestalten und unsere eigenen Wertigkeiten mit einzubringen.

Wie ändert sich die Mobilität? Dieser Fragestellung nach der Veränderung des Grundbedürfnisses des Menschen, mobil zu sein, widmen sich zahlreiche Zukunftsforscher und Fachgremien. Wird der Verkehr in unseren Metropolregionen zukünftig auf der Basis von Echtzeitdaten, wie es im Beitrag von Dr.-Ing. Michael Benz in dieser Ausgabe beschrieben wird, gesteuert? Worin bestehen die künftigen Anforderungen an unsere Planer der Verkehrsinfrastruktur? Welche Verkehrssysteme sind künftig bei der Konzeption intermodaler Verknüpfungspunkte zu berücksichtigen? Folgen wir dem bereits existierenden Gedanken der Anordnung von Induktionsfeldern in Verkehrsflächen, die eine Versorgung von Elektroautomobilen quasi im Fahren oder im Parkhaus gewährleisten? Wie wird sich der Passagierluftverkehr entwickeln? Vereint werden wir hierauf Antworten finden.

Mit großem Respekt begegnen wir den Bauherrn, die sich gemeinsam mit uns den zahlreichen Fragen widmen und mit Vertrauen in die Zukunft ihre Entwicklung selbstgestaltend in die Hand nehmen. Das in dieser Ausgabe präsentierte Projekt „Terminal 3 am Flughafen Frankfurt/Main“ steht beispielhaft für den Willen und das Vertrauen, trotz aller derzeitigen Widrigkeiten und Unsicherheiten, in die Sicherstellung der Mobilität von morgen zu investieren.

Die Straßenverkehrs- und Schienenverkehrsinfrastruktur, das Rückgrat unserer Mobilität, ist von den mit der zunehmenden Digitalisierung einhergehenden Veränderungen in den Prozessen und verkehrlichen Aufgabenstellungen ebenfalls betroffen. Da sich insbesondere die Großprojekte der Verkehrsinfrastruktur meist über einen langen Planungs- und Realisierungszeitraum entwickeln, sind diese den kurzzeitigen Schwankungen und Veränderungen weniger ausgesetzt. Umso wichtiger ist es aber, dass der Blick auf die Verkehrsbedürfnisse der Zukunft und die Nachhaltigkeit des Projektes zu keinem Zeitpunkt aus den Augen verloren wird und bei Bedarf auch vorausschauende Anpassungen vorgenommen werden. Dem absehbaren Wandel proaktiv zu begegnen; dies ist die Herausforderung der großen Verkehrsinfrastrukturbetreiber.

Ich möchte mich herzlich bei den Autoren dieser Ausgabe für die interessanten und kurzweiligen Beiträge bedanken und wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dass Ihnen das vorliegende Heft ebenso viel Freude bereitet wie uns. Zudem hoffe ich, dass wir die Pandemie bald überwunden haben und wir uns wieder dem „normalen“ Alltag widmen können. Bleiben Sie gesund und denken Sie daran, dass es gerade in der jetzigen Zeit wichtiger denn je ist, mit Vertrauen in die Zukunft zu schauen.

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