Rezension
Ingenieurbauführer Berlin

Ingenieurbauführer Berlin, Werner Lorenz, Roland May, Hubert Staroste ( Cover: Michael Imhof Verlag,)
Das wäre doch beinahe schiefgegangen. Werner Lorenz hatte mich um eine Rezension zum neuen Ingenieurbauführer Berlin gebeten und ich verwies ihn aus Zeitgründen zuerst weiter. Zum Glück ließ ich mich dann doch rasch überzeugen und schrieb Folgendes zurück: „Ich habe kurz reingeschaut, was vom Ingenieurbauführer Berlin online verfügbar ist und bin nun richtiggehend froh, dass ich mich so schnell rumkriegen lassen habe. Der erste Eindruck ist sehr gut; ich freue mich auf die Lektüre sowie den absehbaren Wissensgewinn für einen Nicht-Berliner, der die Stadt durchaus spannend findet. Also mache ich das wirklich gerne!“ Nun, wo ich das Buch in den Händen habe, kann ich diese Zeilen nur bekräftigen.
Aber zum Ingenieurbauführer Berlin: Es ist wunderbar, dass inzwischen die Ingenieurbauführer wie Pilze aus dem Boden sprießen, nicht nur in Berlin. Aber Berlin ist vielleicht ein besonders dankbares Pflaster für ein solches Buch, weil die deutsche Hauptstadt schon allein wegen ihrer Größe, Geschichte und Bedeutung dafür prädestiniert scheint. Ein erstes Durchblättern bestätigte genau diese Erwartungshaltung und ich kam sofort ins Schmökern. Es gibt einfach so viele interessante Bauwerke, Themen und Personen, die zu einer Vertiefung einladen. Kurze Gedanken wie: Es fehlen ein paar bekannte Bauwerke, wischte ich schnell vom Tisch, ist dies doch kein Architektur-, sondern ein Ingenieurbauführer.
Der Ingenieurbauführer Berlin ist in zehn thematische Kapitel gegliedert. Bei den „Lebensadern“ geht es um Kanäle, Bahntunnel, Hochbahnviadukte oder U-Bahnlinien, aber auch um Bahnhöfe oder Flughäfen. Bei „Hoch Hinaus“ dreht sich alles um Hochhäuser und Türme oder bei „Neu Ausprobieren“ um zur jeweiligen Zeit besonders innovative Bauwerke. Dazu gibt es sechs kleine Exkurse wie „Die Berliner Schule der Baustatik“ oder „Die Anfänge der Akademischen Bauingenieurausbildung in Berlin“. Schön finde ich auch, dass aus vielen der wechselvollen Epochen der Berliner Ingenieurbaugeschichte prominente Projekte vertreten sind, hier vielleicht erwähnenswert der Fernsehturm oder die Großtafelbauweise in Ost- und Westberlin. Zwei schöne Tourvorschläge, ein paar Biografien wichtiger Berliner Ingenieure sowie Register zu Personen und Ingenieurbüros runden das Buch ab. Auch meine persönlichen „Lieblingsbauwerke“ habe ich allesamt im Buch gefunden: den Hauptbahnhof, die Kronprinzenbrücke, die Nachhallgalerie der Lindenoper oder die Landesvertretung NRW. Bei all den Informationen und Hinweisen von historisch bis technisch und wirklich aktuell ist es aber auch gut möglich, dass sich diese kleine Liste rasch erweitert und neu sortiert.
Werner Lorenz, Roland May und Hubert Staroste, unterstützt von Ines Prokop, kann ich zu diesem schönen Vademekum der Berliner Ingenieurbaukunst nur gratulieren. Auch die kurzweilige Struktur des Buches und der gut präsentierte Informationsreichtum sind ein Lob wert. Der einzige Wunsch, der für mich offenbleibt, ist der nach einer digitalen Variante einschließlich einer Kartenfunktion mit Routenführung. Aber das ist tatsächlich eine ganz andere Baustelle. Letztlich verdient der Ingenieurbauführer Berlin eine uneingeschränkte Empfehlung für Bauingenieur*innen und ist ebenso ein Lesevergnügen für interessierte Laien.