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Stararchitekt Daniel Libeskind kritisiert moderne Berliner Architektur
Stararchitekt Daniel Libeskind geht mit dem modernen Erscheinungsbild Berlins hart ins Gericht. “Immer die gleichen Gebäude, immer die gleichen vertikalen Fenster. Diese Stadt wird von ihrer eigenen Entwicklung erstickt, wenn sie nicht aufhört und merkt ‘Hey, wir sind Berlin! Wir sollen doch eine kreative Stadt sein'”, sagte Libeskind dem “Tagesspiegel”. Vielen Quartiere fehle es an Leben, etwa am Spittelmarkt, dem Hausvogteiplatz oder auf der Stralauer Insel, sagte der Architekt des Jüdischen Museums Berlin der Zeitung.
Am Potsdamer Platz ließ Libeskind kein gutes Haar. “Wo ist die Betriebsamkeit und Lebenslust, die man wiedererwecken wollte? Der Platz ist steril.” Das Areal rund um den Hauptbahnhof sei “schrecklich”: “Gebäude ohne Charakter, ohne Ideenreichtum. Das ist das Ergebnis, das typisch ist für instrumentalisierte Bürokratie in der Planung.” Die Politik müsse einen Dialog mit den Bürgern führen, anstatt zu versuchen, sie auszusperren. Das Fiasko mit der Bebauung des Tempelhofer Flughafengeländes sei ein gutes Beispiel, dass die Bürger der Politik nicht mehr vertrauten.
Auch sei es “ein schrecklicher Fehler”, dass in Berlin Hochhäuser verboten seien. Berlin habe in den 20er Jahren mit New York konkurriert. “Berlin war eine innovative Stadt, aber heute scheint sie eher Malmö nachzueifern.” Das könne nicht die Ambition einer Hauptstadt sein.
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Leserkommentare
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Michael Neiß | 2. April 2016
Ich unterstütze die Initiative zur Rekonstruktion des Berliner Marienviertels im heutigen Brachland zwischen Rathaus und Fernsehturm. Das Beispiel Dresdner Neumarkt hat gezeigt, wie ein historisch orientierter Wiederaufbau eine ganze Stadt aus der Negativspirale ziehen kann! Genau das bräuchte Berlin. Der Irrglauben der Moderne, wonach sich “gute” Architektur immer nur “vorwärts” entwickeln darf, gilt in intellektuellen Kreisen bereits seit den 1980er Jahren als widerlegt. So zeigte man damals auf, daß der Modernitätskult unserer Architekten auf ein pseudobiologisches Denken zurückgeht, welches wiederum dem Sozialdarwinismus des 19. Jh. entstammt. Hier galten Rückfälle in die Vergangenheit als Degeneration. Ironischerweise lagen die Wurzeln von Faschismus und Nationalsozialismus in derselben Weltanschauung. Ein Vergleich zeigt, wie sehr die städtebauliche Situation in der Berliner Mitte den alten Wiederaufbauplänen der Nazis entspricht. Das gemeinsame Planungsziel von Nazis und modernen Architekten besteht offenbar darin, unsere Erinnerung an Berlins mittelalterliche Keimzelle für ewig auszuradieren.
Entgegen der Ideologie der Moderne unterliegt Architektur indes keinen biologischen Naturgesetzen. Daher kann es auch nicht Aufgabe unserer Entscheidungsträger sein, unseren “Volkskörper” vor “ungebildeten” Rückfällen in die Vergangenheit zu bewahren. Leider ist die Erkenntnis bislang nicht zu unseren Lokalpolitikern durchgesickert. Anstelle klammert das pseudointellektuelle Bildungsbürgertum nach wie vor an der Ideologie der Moderne. Dies wiederum belegt einmal mehr, wie provinziell das intellektuelle Klima in Berlin verblieben ist, trotz allen Jahren als Hauptstadt eines neuen Deutschlands!