Leben
Baukosten senken, aber wie, wenn die Preise steigen?
Anders als im Wohnungsbau, der immer stärker reguliert und subventioniert wird, bleibt den Bauherren von gewerblich genutzten Immobilien nur die Optimierung der Kosten und Erträge, um die Wirtschaftlichkeit der Projekte auch in Zeiten steigender Bau- und Grundstückskosten sicher zu stellen. Wer ernsthaft Investitionskosten sparen muss, kann nicht auf die Effekte der Digitalisierung und der modernen Managementmethoden von KVP bis LEAN warten. Vielmehr sind einschneidende Maßnahmen notwendig, um die Baukosten zu senken.
Die Renaissance der Platte
Wer hätte gedacht, dass das Image der in den 1920er-Jahren entwickelte Fertigteiltechnik sich einmal ins Positive dreht. Zwar haben sich die mit vorgefertigten Betonplatten errichteten Gebäude der klassischen Moderne in Frankfurt, Amsterdam, Paris und anderswo den Respekt der Fachwelt bis heute bewahren können. Doch alles, was danach kam, von der Großwohnsiedlung im Westen bis zur WBS 70 im Osten, wurde in den letzten Jahrzehnten konsequent verdammt.
Nun aber entwickelt die Bauindustrie Systembauprojekte mit industriellen Standardisierungs- und Vorfertigungsgraden und Architekten und Ingenieure planen wirtschaftliche Gebäudetypologien, die auch gestalterische Ansprüche erfüllen. Der Einsatz von Fertigteilen mit hohem Wiederholungsfaktor, also der moderne „Plattenbau“, ist ein wichtiger Beitrag zur Senkung der Baukosten.
Hoch ist teuer
In den Landesbauordnungen ist geregelt, dass ein Gebäude, in denen der Fußboden des obersten Aufenthaltsraums in einer Höhe von mehr als 22 m gelegen ist, ein Hochhaus ist. Die Konsequenz sind besondere Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, an die Brandabschnitte, an die Flucht- und Rettungswege, an sicherheitstechnische Anlagen etc. Das heißt, mit einer solchen Überschreitung sind immer Mehrkosten verbunden, die sich möglicherweise bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung der Immobilie wegen der damit gewonnenen zusätzlichen (Miet-)Flächen durchaus rechnen können. Blickt man allerdings nur auf die Investitionskosten, dann gibt es keine Hochhäuser.
Klein muss nicht preiswert sein
Bei jeder Art von Gebäudenutzung ist sind kleinteilige Miet- bzw. Nutzflächen teurer in der Errichtung als größere Einheiten. Mehr Mietbereichstrennwände mit Anforderungen an Brandschutz und Schallschutz etc., mehr haustechnische Übergabepunkte, aufwändigere Planung von Zugängen und Fluchtwegen erhöhen Aufwand und Kosten. Betrachtet man auch in diesem Fall nur die Herstellkosten, dann gilt es, eine allzu kleinteilige Gebäudekonfiguration zu vermeiden. Der Mieter mit geringem Flächenbedarf wird sich in Bürogemeinschaften und Coworkingflächen wiederfinden.
Das Paradoxon von grün und preiswert
Wird das Ziel, Baukosten zu sparen, wirklich ernst genommen, dann haben die Investitionskosten Priorität gegenüber den Betriebskosten. Das mag kurzsichtig sein, jedoch sind Optimierungen der Betriebskosten in der Regel mit höheren Einstandspreisen verbunden. So kosten z.B. Anlagen zur Energiegewinnung wie Grundwasser-Wärmepumpen oder Solarenergie und selbst Wärmerückgewinnungsanlagen zunächst einmal nur Geld, bevor sich dies amortisiert. Energetisch sinnvolle Investitionen können also bei absolutem Sparzwang nicht getätigt werden. Desgleichen verbieten sich Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit, die über die gesetzlichen Energiespar-Auflagen hinausgehen. Green-Building-Zertifizierungen z.B. nach DGNB-Standard sind in diesem Fall leider ausgeschlossen. Denn der Ruf nach Reduzierung der Baukosten einerseits und Forderungen nach ökologischem Bauen andererseits, sind nicht miteinander vereinbar.
Keep it simple
Ist man bereit, auf der Suche nach Stellschrauben zur Eindämmung der steigenden Baukosten auch etablierte Standards kritisch zu hinterfragen, dann eröffnen sich viele Möglichkeiten zur Kostenreduzierung.
Unten ohne
Warum beispielsweise nicht auf Untergeschosse verzichten und viel Geld sparen? Ob harter Fels oder drückendes Wasser – man möchte meinen, dass ein Haus in Deutschland nur dann ein Haus ist, wenn es einen Keller hat – trotz hoher Kosten für die Herstellung von Baugruben und Untergeschossen. Dabei besteht bei Bürogebäuden ein Gutteil der dort untergebrachten Nutzungen aus Stellplätzen für Autos, was in verdichteten, innerstädtischen Lagen vielleicht verständlich ist, gleichwohl aber anachronistische Züge annimmt. Städte und Kommunen reduzieren in überarbeiteten Stellplatzsatzungen deutlich die Anzahl der notwendigen Stellplätze, auch die Mieter verringern die Nachfrage nach Parkraum. Die Gründe für Untergeschosse liegen oft nicht mehr auf der Hand.
Fassaden und Dächer mit Einsparpotenzialen
Oberirdisch gibt es noch viel mehr Möglichkeiten zur Kosteneinsparung, indem Fassaden mit monolithischem Aufbau, nicht zu hohem Anteil an Fenstern und simplen Reinigungsmöglichkeiten geplant werden. Nicht zu vergessen die Dachkonstruktion, bei denen einfache Geometrien und der Verzicht auf hochwertige Dachbekleidungen, Dachoberlichter und Glasdächer das Baubudget schonen. Als Reaktion auf solche Forderungen wird schnell die Sorge um die architektonische Qualität genannt, der jedoch mit dem Verweis auf zahlreiche prämierte Low-Budget-Projekte entgegengetreten werden kann. Gute Gestaltung muss nicht teuer sein.
Innenräume: Kleinvieh macht auch Mist
Im Inneren der Gebäude bieten sich viele Chancen der Optimierung, besonders wenn wirtschaftliche Lösungen für Statik, Haustechnik und Brandschutz gefunden werden. Eine Koordination der Lage und Größe von Nutzungsbereichen mit den Vorschriften über Brandabschnitte und Fluchtwege, die kluge Positionierung von Sonderbereichen im Gebäude, ein statisches Tragsystem mit realistischen Verkehrslasten und Spannweiten – es gibt viele Möglichkeiten, das Projekt kostengünstig zu bauen. Auch die Haustechnik gehört dazu. Die räumliche Konzentration der Ver- und Entsorgungstrassen, eine kluge Positionierung der Technikzentralen und der hochinstallierten Nutzungsbereiche, die Reduktion äußerer Einflüsse, wie z.B. Wärmeeintrag und schließlich das Hinterfragen der Notwendigkeit von Klimaanlagen, Notstrom, Batterieanlagen, Einbruchmeldeanlagen, Abscheideanlagen, Löschanlagen (Sprinkler o.ä.) und sonstiger Sondertechnik ist anstrengend, birgt aber Euro für Euro Einsparungspotenzial.
Fazit: Sparen heißt reduzieren und umgekehrt
Wer einerseits Baukosten sparen möchte, kann nicht andererseits an lieb gewonnenen Qualitätsstandards festhalten. Er sollte auch nicht glauben, dass ökologisch sinnvolle Investitionen problemlos mit schmalen Baubudgets zu realisieren sind. Zwar werden neue Technologien und Verfahren langfristig zur Kostendämpfung beitragen, aber zunächst gilt auch für die Reduzierung von Baukosten: weniger ist mehr.