Bauen digital
Vorfertigung von Rohrleitungen
Fabrikationsmodelle sind in den Gewerken Sanitär und Heizung bis heute unüblich. Was beispielsweise im Gewerk Lüftung mit Schnittstellen wie eKlimax oder WinKlimax weit verbreitet ist, findet in anderen Disziplinen der Gebäudetechnik noch immer keine Anwendung. Der Grund dafür sind die eingebrannten Muster der Sanitär- und Heizungsbetriebe sowie die sehr einfachen Rohrverbindungstechniken. Letztere haben die Branche dazu verleitet, wenig Arbeitsvorbereitung zu betreiben und sich die Möglichkeiten der Vorfertigung nur selten zunutze zu machen. Dabei bieten die digitalen Planungsmethoden heute hervorragende Möglichkeiten, im Bereich Effizienzführerschaft einen großen Satz in die richtige Richtung zu machen.
Alles beginnt mit einem Fabrikationsmodell, welches ein exaktes Abbild der späteren Installation darstellt. Eine Modellierungssoftware wie etwa Autodesk Revit hilft dem Anwender dabei, es anzufertigen. Der Autor des Modells modelliert die Sanitär- und Heizungsinstallationen genauso, wie ein Installateur es später auf der Baustelle installieren soll. Eine besondere Rolle spielt dabei die Planung der Aufhängungen, die ein zentrales Element im Fabrikationsmodell sind. Modelliert werden sämtliche Aufhängungen mitsamt den benötigten Bohrlöchern.
Das Fabrikationsmodell wird weiter mit allen relevanten Daten angereichert und bietet später die Basis für die nachfolgenden Prozesse.
Das Fabrikationsmodell wird zuallererst für die modellbasierte Vorfertigung genutzt. Dabei werden die Daten aus dem Modell so strukturiert, dass die effektiven Längen der Rohre und Aufhängungsschienen in der Werkstatt oder im Vorfertigungsbetrieb millimetergenau geschnitten werden können. Alle übrigen Komponenten können in der gewünschten Stückzahl beim Lieferanten bestellt werden.
Um das Material bei der Vorfertigung möglichst verlustfrei verschneiden zu können, wurde der Algorithmus SMARTCUT verwendet. Dieser erlaubt es dem Mitarbeiter der Werkstatt, Rohrstücke mit dem bestmöglichen Ergebnis auf die handelsübliche Stangenlänge aufzuteilen und den Verschnittanteil dadurch so gering wie möglich zu halten. Im Anschluss an die Vorfertigung werden die Rohre und Aufhängungen etikettiert und nach einer eigenen Logik auf die Baustelle gebracht, die im Vorfeld festgelegt worden ist.
Auf der Baustelle angekommen, steckt der Installateur zuerst einmal mittels Tachymeter Bohrlochpunkte ab. Durch das Anzeichnen der Bohrpunkte lassen sich einerseits Fehler vermeiden, andererseits geben sie zusammen mit den vorgefertigten Aufhängungen die spätere Rohrführung vor.
Die modellbasierte Montage wird unterstützt durch ein Tablet, auf dem ein BIM-Viewer das Fabrikationsmodell darstellt. Böse Überraschungen im Montageprozess lassen sich so auf ein Minimum reduzieren, da alle großen und kleinen Herausforderungen bereits im Rahmen des Modellierungsprozesses verbindlich gelöst werden können. Die Chancen, die sich durch die Vorfabrikation für das Gewerk auftun, sind riesig. Denn durch die Vorfertigung aller Rohrleitungen und Aufhängungen samt geeigneter Nummerierungslogik lassen sich die Montagezeiten signifikant reduzieren und erhebliche Kosten einsparen.
Für dieses Pilotprojekt wurde der Use Case Vorfertigung von Rohrleitungen von buildingSMART International angewendet. Der Use Case ist für jedermann frei zugänglich und kann auf dieser Website abgerufen werden.
Fazit:
Das Pilotprojekt und weitere Projekte, die in der Schweiz realisiert werden, zeigen die Perspektiven und das Potenzial des modellbasierten Arbeitens deutlich auf. Primär müssen die Entscheider des Gewerkes die Chancen einer digitalen Planung erkennen und die Vorteile daraus nutzen. Für innovative Unternehmer wird sich das Vertrauen in die Vorfabrikation auszahlen, denn durch geringere Montagezeiten und einen gezielteren Materialeinsatz werden sie mit mehr Projektertrag belohnt. Der Use Case von buildingSMART International hilft bei den ersten Gehversuchen.