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Vermischtes

Weitblick und Strategie? – Von Politik und die Verdrossenheit

Prof. Dr. jur. Günther Schalk, Chefredakteur UBB und Rechtsanwalt

Prof. Dr. jur. Günther Schalk, Chefredakteur UBB und Rechtsanwalt (Foto: Ernst Krammer)

Sehr verehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung hat 2021 noch weiter zugenommen. Zeitweise über 80 Prozent der Bevölkerung fühlten sich von der Bundesregierung im Stich gelassen. Warum ist das so? Warum haben die Bürger früher offenbar mehr zu ihren Politikern aufgeschaut? Und ist das überhaupt wünschenswert?

Eine mündige Demokratie begleitet die Politik der gewählten Volksvertreter kritisch, wenn auch nicht nur negativ kritisch. Obwohl das derzeit nicht verwunderlich ist. Die Politik bleibt doch ein Stück hinter den Erwartungen zurück. Man würde sich manchmal gerade aus Sicht der Wirtschaft Mut, Strategie und Effektivität wünschen. Jeder Chef einer Baufirma braucht diese Attribute, sonst würde er mit seinem Unternehmen untergehen.

Nur zwei aktuelle Beispiele: Nicht nur die Menschen auf und entlang der A45 haben momentan rund 60 gute Gründe, politikverdrossen zu sein: 60 Autobahnbrücken müssen nämlich längst dringendst neu gebaut werden, und niemand weiß, ob nicht einige davon vorzeitig für Jahre gesperrt werden müssen wie die Rahmede-Talbrücke. Die Politik hat es schlicht verschlafen, die Straßeninfrastruktur in der ganzen Republik rechtzeitig auf Vordermann zu bringen.

Hunderttausende (potenzielle) Häuslebauer sind aktuell ebenso sicherlich nicht politikbegeistert:
Ausgerechnet die neue Klimabundesregierung streicht von heute auf morgen erst mal die KfW-Förderung für Energiesparhäuser. Die Fördertöpfe seien leer. Kam das aus dem Nichts? Und wer füllt solche Töpfe auf? Doch die Politik, wenn sie das will und rechtzeitig erkennt.

Brücken erst in 20 Jahren zu sanieren, spart 20 Jahre lang Geld. Wenn es aber dann zur Sperre kommt, weil man zu lange gewartet hat, kostet das nicht nur das Geld für den Neubau, sondern kostet die Volkswirtschaft durch Staus und Umleitungen Milliarden. Ein Stopp der KfW-Förderung löst nicht nur Dramen in Familien aus, die plötzlich nicht mehr bauen können. Sie wirft auch der Bauwirtschaft massive Prügel zwischen die Beine, weil Aufträge ausbleiben oder die Bürger so verunsichert sind, dass sie sich ihr Bauvorhaben nicht mehr weitertreiben trauen.

Die Bürger erwarten keine Wunder von ihren Politikern. Aber sie dürfen zumindest so viel Strategie und Weitsicht erwarten wie zum Beispiel Mitarbeiter und Kunden einer jeden Baufirma von deren Chef. Möge jeder selbst beurteilen, ob er seine Firma aktuell guten Gewissens einem führenden Politiker anvertrauen würde…

Wir greifen unter anderem die beiden obigen Themen in unserem aktuellen UBB auf. Ihnen viel Spaß beim Lesen und alles Gute!

Ihr Prof. Dr. jur. Günther Schalk, Chefredakteur UBB und Rechtsanwalt

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Datum 25. März 2022
Autor Prof. Dr. jur. Günther Schalk
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