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Zum 150. Todestag von Alfred Clebsch

Alfred Clebsch

Alfred Clebsch (Bildquelle: [Kurrer, 2018, S. 981])

Clebsch, Rudolf Friedrich Alfred, *19.1.1833 Königsberg/Preußen (heute Rußland), †7.11.1872 Göttingen/Deutsches Reich

Geboren am 19. Januar 1833 als Sohn eines Königsberger Regimentsarztes, besuchte Alfred Clebsch das Altstädtische Gymnasium und bezog 1850 die Universität Königsberg, wo er bei Franz Ernst Neumann (1798-1895), Friedrich Julius Richelot (1808-1875) und Ludwig Otto Hesse (1811-1874) sehr erfolgreich mathematische und physikalische Studien betrieb. Bei Neumann promovierte er sich 1854 mit der Dissertation De motu ellipsoidis in fluido incompressibili viribus quibuslibet impulsi (Die Bewegung eines Ellipsoids in einem inkompressiblen Fluid) und absolvierte das Staatsexamen für Mathematik und Physik. Danach trat Clebsch in das mit dem Friedrich-Wilhelmstädtischen Gymnasium in Berlin verbundene, von Karl Heinrich Schellbach (1805-1892) geleitete Lehrerseminar ein, wirkte als Mathematiklehrer an verschiedenen Berliner Schulen und habilitierte sich 1858 an der Berliner Universität für mathematische Physik. Im selben Jahr wurde er an das Polytechnikum Karlsruhe für analytische Mechanik berufen.

In seinem Buch Theorie der Elasticität fester Körper (1862) gelang Clebsch eine Synthese der Stabtheorien von Adhémar Jean Claude Barré de Saint-Venant (1797-1886) und Robert Kirchhoff (1824-1887) und entwickelte diese weiter. Auch die Kirchoffsche Plattentheorie stellte er durch seine virtuose differentialgeometrische Betrachtungsweise auf eine breitere mathematische Basis – eine Betrachtungsweise, die für Hermann Aron (1845-1913) im Jahre 1874 zum Vorbild für die erste, systematische Behandlung der elastischen Schalen werden sollte.

In seiner Monografie Theorie der Elasticität fester Körper entwickelte Clebsch die Grundgedanken des Deformationsverfahrens, die 1981 von Edoardo Benvenuto (1940-1998) und 2006 von Olgierd Cecil Zienkiewicz (1921-2009) und Alf Samuelsson (1929-2005) wissenschaftshistorisch gewürdigt wurden. Saint-Venant war von diesem Buch so begeistert, dass er es mit Alfred Flamant (1839-1914) ins Französische übersetzte und mit wertvollen Kommentaren versah (1883) ein Nachdruck erschien 1966. Von den Ingenieuren wurde sein Buch über Elastizitätstheorie nicht wahrgenommen.

1863 erhielt Clebsch an der Universität Gießen eine Mathematikprofessur – damit verlagerte sich sein wissenschaftliches Interesse hin zur reinen Mathematik; fünf Jahre später avancierte er zum Professor für reine Mathematik an der Universität Göttingen. In diesem Jahr gründete er mit Carl Gottfried Neumann (1832-1925) die Zeitschrift Mathematische Annalen. 39jährig verstarb Clebsch am 7. November 1872 an Diphtherie und fand im Bartholomäusfriedhof zu Göttingen seine letzte Ruhestätte.

 

Wesentliche Beiträge zur Baustatik:

Analytische Mechanik: nach Vorträgen, geh. an d. polytechn. Schule Carlsruhe, lithographiert (1859)

ElementarMechanik: nach Vorträgen, geh. an d. polytechn. Schule Carlsruhe von 1858-1859, lithographiert (1859)

Zur Theorie der Trägheitsmomente und der Drehung um einen Punkt (1859)

Theorie der Elasticität fester Körper (1862)

Théorie de l’élasticité des corps solides de Clebsch (1883), erw. frz. Edition von A. J. C. Barré de Saint-Venant und A. Flamant.

 

Zum Weiterlesen:

Kurrer, Karl-Eugen: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Berlin: Ernst & Sohn 2018.

https://www.ernst-und-sohn.de/the-history-of-the-theory-of-structures

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Datum 18. November 2022
Autor Karl-Eugen Kurrer
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