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Zum 150. Todestag von William John Macquorn Rankine

Rankine, William John Macquorn, *5.7.1820 Edinburgh, Schottland/Großbritannien, †24.12.1872 Glasgow, Schottland/Großbritannien

Rankine, William John Macquorn, *5.7.1820 Edinburgh, Schottland/Großbritannien, †24.12.1872 Glasgow, Schottland/Großbritannien (Bildquelle: [Kurrer, 2018, S. 1051])

Von 1828 bis 1829 Ayr Academy und 1830 High School of Glasgow; letztere verließ er wegen Krankheit und genoß für sechs Jahre Unterricht bei seinem Vater David Rankine, einem angesehenen Eisenbahningenieur der Edinburgh & Dalkeith Railway und später der Caledonian Railway Company. Im Alter von 14 Jahren überreichte ihm sein Vater Newtons Principia: Rankine las dieses in lateinischer Sprache abgefaßte Werk sorgfältig, und erarbeitete sich so die Grundlage seines Wissens über Höhere Mathematik, Dynamik und Physik. 1836 Studium der Chemie, Naturgeschichte, Botanik und Naturphilosophie an der Universität Edinburgh, welches er nach zwei Jahren aus familiären Gründen abbrechen mußte, um seinem Vater für ein Jahr bei der Edinburgh & Dalkeith Railway zu assistieren. Danach betätigte sich Rankine mehrere Jahre unter Sir John MacNeill im Eisenbahn- und Wasserbau Irlands. 1842 kehrte er nach Edinburgh zurück, arbeitete für Eisenbahngesellschaften und Ingenieurbüros sowie im Londoner Büro von Lewis Gordon (1815-1876), dem Inhaber des 1840 an der University of Glasgow geschaffenen Lehrstuhls für Bauingenieurwesen und Mechanik. Erst 1855 sollte Rankine auf den Lehrstuhl Gordons folgen. In seiner Antrittsvorlesung The harmony between theory and practice in engineering unterschied Rankine zwischen den theoretischen und praktischen Wissenschaften: Rankine distinguished between theoretical science, which is concerned with what we are to think, and practical science, where the question is what we are to do, often in situations where scientific theory and existing data can be insufficient [Sutherland, 1999, S. 183]. Rankine betätigte sich auf beiden Feldern: Seit 1848 glänzte er durch Beiträge zur Thermodynamik, Elastizitätstheorie und Hydrodynamik. Maxwell würdigte Rankine sogar als einen der drei Gründungsväter der Thermodynamik.

Auf der anderen Seite trieb Rankine die technikwissenschaftlichen Disziplinen entscheidend voran. Hier waren es vor allem seine Manuals zur Technischen Mechanik (1858) und zum Bauingenieurwesen (1862), die zahlreiche Auflagen erlebten und zu Standardwerken im Prozeß der Verwissenschaftlichung der Technik avancierten. Nach langen Kämpfen konnte Rankine 1872 durchsetzen, dass das Ingenieurstudium an britischen Universitäten mit dem akademischen Grad des Bachelor of Science abgeschlossen werden konnte; damit schlug er die erste Bresche zur Nobilitierung der Technikwissenschaften durch die Universität. In der Disziplinbildungsperiode der Baustatik (1825-1900) ragte Rankine durch seine Beiträge zur Erddrucktheorie (1857), Gewölbetheorie (1865) und graphischen Statik (1858, 1864 u. 1870) heraus. So formulierte er das Gleichgewichtskriterium von kinematischen und statisch bestimmten ebenen Fachwerken – den Satz von Rankine – und fand implizit die duale Beziehung zwischen der Fachwerkgeometrie und dem Kräftepolygon. Rankine verfolgte diese Dualität nicht weiter und veröffentlichte ohne Beweis eine Erweiterung seines Satzes auf räumliche Fachwerke (1864)]. Auch in der Schiffstheorie brillierte Rankine (1866/3): Auf ihn geht die Längsfestigkeitsberechnung von Schiffen, aufgeteilt in Glattwasser- und Wellenzusatzbelastung, einschließlich der heute noch üblichen grafischen Darstellung, zurück.

Rankine prägte die Etablierungsphase der Baustatik (1850-1875) nicht nur in Großbritannien, sondern auch auf dem europäischen Kontinent. Auch seine Leistungen in der Schaffung einer technikwissenschaftlichen Schiffstheorie und Maschinenlehre stehen außer Zweifel: Rankine stand somit für die Zusammenfassung der einzelnen Technikwissenschaften. 1853 wurde Rankine in die Royal Society gewählt; 1857 Mitbegründer und erster Präsident der Institution of Engineers and Shipbuilders von Schottland. Der Institution of Civil Engineers dagegen gehörte Rankine nur als außerordentliches Mitglied an. Er komponierte Songs, schrieb Fabeln und humorvolle Gedichte wie The Mathematician in Love. Sein Biograph, Emeritus jenes Lehrstuhles, den Rankine innehatte, Hugh Brown Sutherland (1920-2011), würdigte ihn mit den schönen Worten: Rankine was a wonderful combination of the man of genius and of humour. How much more pleasant and effective is the contribution, scientific or otherwise, when you know behind it lies a man capable of having a twinkle in his eyes. As Clerk Maxwell wrote, Rankine’s death at the early age of 52 was ‚as great a loss to the diffusion of science as to its advancement‘ [Sutherland, 1999, S. 187].

Wesentliche Beiträge zur Baustatik:

On the stability of loose earth (1857)

A Manual of Applied Mechanics (1858)

A Manual of Civil Engineering (1862)

Principle of the equilibrium of polyhedral frames (1864)

Graphical measurement of elliptical and trochtoidal arcs, and the construction of a circular arc nearly equal to a given straight line (1865);

Useful Rules and Tables Relating to Mensuration, Engineering, Structures, and Machines (1866/1)

Einige graphische Constructionen (1866/2)

Shipbuilding, Theoretical and Practical (1866/3)

Diagrams of forces in frameworks (1870)

Zum Weiterlesen:

Sutherland, Hugh Brown: Professor William John Macquorn Rankine. In: Proc. Instn. Civ. Engrs., Civ. Engng., Vol. 132, 1999, Nov., pp. 181-187.

Kurrer, K.-E.: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Berlin: Ernst & Sohn 2018.

https://www.ernst-und-sohn.de/the-history-of-the-theory-of-structures

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Datum 23. Dezember 2022
Autor Karl-Eugen Kurrer
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