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Zum Gedenken an den „Beton-Papst“ Gert König

 Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. mult. Gert König  * 2.10.1934 † 27.3.2021

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. mult. Gert König * 2.10.1934 † 27.3.2021 (Quelle: Privat)

Mitte der 1930er Jahre hatten großartige Bauten aus „Eisenbeton“ längst ihre Leistungsfähigkeit eindrucksvoll bewiesen. So erdachte zu dieser Zeit Frank Lloyd Wright ein waghalsiges Bauwerk mit eben diesem Baustoff. Die Auskragungen von „Fallingwater“ in Pennsylvania wurden zum Symbol für die Fähigkeiten einer neuen und in den Grundzügen bereits beherrschten Technologie. Das Prinzip der Vorspannung ohne Verbund gelangte zur Patentreife (Dischinger), Pier Luigi Nervi entwarf die ersten Flugzeughangars für Orvieto, „Richt­linien für die Prüfung von Beton auf Wasserundurchlässigkeit“ wurden in Deutschland auf den Weg gebracht und Reichsautobahnabschnitte in großem Umfange betoniert.

In diesen zeitlichen Kontext wurden Gert König, Ulrich Müther († 2007) und Jörg Schlaich hineingeboren. Alle Drei sollten bedeutende Ingenieure der jüngeren Nachkriegszeit werden und nahtlos an Leonhardt, Finsterwalder u. a. anschließen, und nicht nur dem Massivbau neue Impulse geben.

Es ist sein unbändiges Engagement für Lehre und Forschung, welches Gert König zum „Beton-Papst“ werden ließ und dies an zwei Orten, Leipzig und Darmstadt, welche ihn zeitlebens begleiten sollten.

Geboren am 2. Oktober 1934 in Leipzig, gelangte er durch Kriegswirren nach Hessen, studierte, promovierte und habilitierte an der Technischen Hochschule Darmstadt und sollte dort über 20 Jahre als Professor am Institut für Massivbau lehren und forschen. Daneben begründete er 1976 das Ingenieurbüro König und Heunisch in Frankfurt/Main, war langjähriger Fachgutachter der DFG, sechs Jahre Mitglied des Senats der DFG und engagiertes Mitglied in zahlreichen Gremien.

In Darmstadt traf man Gert König, sitzend an einem überladenen Schreibtisch (in einem Institutsgebäude entworfen von Theo Papst), an einer schweren Tischplatte mit nur einem konisch zulaufenden Tischbein, dem Kräfteverlauf folgend, wie es Curt Siegel in seinem Buch „Strukturform“ verlangt. Neben dem Institut der Hörsaal und die Versuchshalle durch ein offenes Treppenhaus miteinander verbunden. Der Hof voll mit Zuschlagstoffen, dazwischen geparkte Autos, Prüfkörper, ein Container mit zertrümmertem Glas, wie ein gewellter Vorhang achtlos hingeworfen. Das war die Welt von Gert König. Unmittelbar, die Jüngeren lernen von den Älteren. Hochfester Beton? Machen wir schon lange!

Von rastloser Neugierde geprägt, auch was die architektonische Gestalt und ganzheitliche Ansätze betraf, begann er behutsam, die Lehre umzubauen. Mit Studenten und Mitarbeitern begab er sich auf zahlreiche Exkursionen, zumeist ins Ausland.

Um 1995 erfolgten der Wechsel an die Universität Leipzig und der Aufbau des neu gegründeten Instituts für Massivbau und Baustofftechnologie an der zweitältesten Universität Deutschlands. Aufbau Ost in seiner Geburtsstadt Leipzig. Unvergessen die Auftritte mit Aktentasche und Stoffbeutel, ob Rektorat oder Rathaus. Betonwürfel aus ultrafestem Leichtbeton „made in Leipzig“ machten die Runde.

Es ging ihm nicht nur um das erreichte Forschungsziel. Er wollte die Ergebnisse umsetzen, bauen, den Beweis antreten, dass die Dinge tauglich sind und damit das Bauwesen voranbringen. Auch dies ist ihm gelungen. Zahlreiche Pilotvorhaben zeugen davon.

Im Juli 2003 wurde Gert König die Ehrenbürgerwürde der Universität Leipzig verliehen, eine von vielen Ehrungen. Sein Werk wurde nach seiner Emeritierung von den zahlreichen Doktoranden, Forschern und Mitarbeitern weitergetragen.

Auf dem Buchrücken der 3. Auflage des Basiswerks „Grundlagen des Stahlbetonbaus“, an dem er maßgeblich mitwirkte, ist zu lesen: „…auf dieser Grundlage wird es den Lesern ermöglicht, auch ihnen bis dahin unbekannte Probleme zu lösen …“, sofern noch welche übrig geblieben sind, möchte man ergänzen.

Gert König ist kurz vor Ostern 2021 ­verstorben.

Wir trauern um einen großartigen ­Ingenieur und Menschen.

 

 

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Datum 11. Juni 2021
Autor Prof. Burkhard Pahl Darmstadt/Leipzig
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